Dumpingpreise versus Fairer Handel

Jeder Mensch sollte  in der Lage sein ein gutes Leben von seinem erarbeiteten Lohn zu führen. Tatsache ist jedoch, dass die Löhne besonders für Erzeuger*innen im Globalen Süden häufig nicht einmal mehr die Produktionskosten decken. Dazu kommen schlechte Arbeitsbedingungen bis hin zu Menschenrechtsverletzungen, die das Leben der Arbeiter*innen erschwert. Konkret kann das den freien Fall unter die Grenze des Existenzminimums und schwere gesundheitliche Schäden bedeuten.

Dennoch fahren globale Unternehmen exorbitante Gewinne ein. Allein durch ihre Position am Verhandlungstisch haben sie die Möglichkeit die Preise festzulegen. Bäuerinnen und Bauern haben häufig keine andere Wahl als ihr Agrarprodukt unter dem Wert zu verkaufen. Mit derartigen Dumpingpreisen wird der Ruf nach Gerechtigkeit in der gesamten Lieferkette immer noch ignoriert. 

Seit einem halben Jahrhundert aktiv

 

Seit nunmehr 50 Jahren gibt es konstante und wichtige Gegenposition zu dieser Spirale aus Gier und Ausbeutung – die Weltladen Bewegung. 

Anfang der 1970er Jahre begannen junge Menschen weltweit gegen die wachsende Ungerechtigkeit im Welthandel zu protestieren, mehr als 30.000 nahmen in Deutschland an sogenannten Hungermärschen teil. Die “Aktion Dritte Welt Handel” entstand und im Jahr 1973 eröffnete der erste “Dritte Welt Laden” in Stuttgart. Schnell wuchs die Bewegung an; heute engagieren sich deutschlandweit etwa 100.000 Menschen in über 900 Weltläden!
Von ihrem eigentlichen Ziel, sich selbst überflüssig zu machen, sind sie weit entfernt, denn der Bedarf nach mehr Gerechtigkeit weltweit scheint größer als je zuvor.



Gemeinsam für globale Gerechtigkeit

 

Um die Vision einer gerechten Wirtschaft umzusetzen, erwartet der Weltladen Dachverband von seinen Mitgliedern und Lieferanten heute die Umsetzung strenger Kriterien. Dazu gehört der faire Handel mit Handelspartnern, in dem der Austausch ohne Umwege und zu gerechten Preisen geschieht. Im Vordergrund stehen die Arbeitsbedingungen der Menschen, die sich der internationalen Konvention für Arbeit fügt und unter anderem Diskriminierung, Kinder- und Zwangsarbeit verbietet.  Alle Arbeits- und Lieferprozesse müssen im Zuge eines kostenpflichtigen Prüfverfahrens offen dargelegt werden. 

Ebenso wie für den Weltladen Dachverband stehen die Arbeitsbedingungen unserer Handelspartner*innen an erster Stelle für uns. Daher halten wir ununterbrochen Kontakt zu unserem Lieferant*innen und überprüfen die Situation vor Ort regelmäßig selbst. Durch diesen direkten Handel sind wir ebenso in der Lage für faire Löhne zu sorgen, denn wir legen diese nicht fest. Unsere Erzeuger*innen wissen selbst am besten, wie die Preise ihrer Produkte gestaltet werden sollte, um die Kosten und den Lohn zu decken. Sie bestimmen den Wert ihrer Produkte selbst! Um ein Bewusstsein für diesen fairen Handel zu schaffen, stehen wir auch für absolute Transparenz ein. Ein Beispiel: Auf jeder unserer Packungen findest du einen QR-Code, der dich punktgenau zum Ort des Anbaus führt sowie den Weg und die Hintergründe des Produkts für dich erlebbar macht.

Auch wir haben uns der aufwendigen, mehrmonatigen Prüfung beim Weltladen Dachverband gestellt und erfolgreich abgeschlossen: Conflictfood ist als anerkannter Lieferant der deutschen Weltläden! Wir sind mächtig stolz, Teil dieser starken Bewegung zu sein! Vielleicht gibt es das eine oder andere Friedenspäckchen auch im Weltladen in deiner Stadt. Schau mal nach!

 

INTERVIEW

Weltladen Dachverband mit Salem El-Mogaddedi und Gernot Würtenberger / Conflictfood

Weltladen:
Was sind eure Erfahrungen mit Preis- und Kostendruck? Wie gelingt es euch trotzdem
fair zu handeln?

Salem El-Mogaddedi:
Der Preisdruck ist für uns und unsere Partner*innen immer spürbar. Er ist allgegenwärtig.  Aber wir lassen uns davon nicht beeindrucken, denn wir üben keinen Druck auf unsere Handelspartner*innen aus. Sie legen den Preis für ihre Erzeugnisse selbst fest und sind in der Lage eine Kalkulation aufzustellen, die sie für fair halten und mit der sie ihre Kosten und ihren Lebensunterhalt decken können. Wir bieten unseren Handelspartner*innen  die Sicherheit, die Ware zu Preisen abzunehmen, die an anderer Stelle nicht konkurrenzfähig wären. Das machen wir nicht aus Wohltätigkeit, denn wir sind uns sicher, die Qualität der Ware, und die Arbeit, die in ihr steckt, ist es wert. Daher wollen wir auch nicht, dass unsere Produkte aus Mitleid gekauft werden, sondern für die hohe Qualität (und die Solidarität), die sie bieten. 

Weltladen:
Was ist deine Einschätzung: Warum gibt es überhaupt Preise unterhalb der Produktionskosten? Was sind die Erfahrungen eurer Handelspartner damit?

Gernot Würtenberger:
Wie schon erwähnt ist der Preisdruck immer da. Aufgrund der großen Konkurrenz auf dem Markt muss jedes Unternehmen knallhart kalkulieren, wodurch versucht wird sich gegenseitig im Preis zu unterbieten. Vor allem in Krisenzeiten, in denen wir alle Unterstützung brauchen, geht  der Griff in das Supermarktregal letztlich zum günstigeren Angebot. Damit der Verkaufspreis so günstig sein kann, und auch für den Verkäufer ein Gewinn abfällt, müssen die Einkaufspreise noch niedriger ausfallen. Trotz dieser knappen Kalkulation versuchen große Lebensmittelkonzerne, wie Nestlé, Coca Cola und Co., ihre Gewinnmarge zu maximieren und ignorieren, dass viele Erzeuger*innen durch ihre Gier unter das Existenzminimum fallen. Der Wohlstand großer Lebensmittelkonzern –  und damit unsere günstigen Preise – sind nicht verdient, sondern der Existenz anderer entrissen. 

Weltladen:
Wie laufen Preisverhandlungen innerhalb eurer Handelspartnerschaften ab? Wie
entstehen Preise bei euch?

Salem El-Mogaddedi :
Jede Partnerschaft ist individuell, jedes gehandelte Produkt hat andere Regeln. 

Zwei Beispiele: Wenn uns Frau BuSaw aus Shan State/ Myanmar ihre jährliche Kaffeeernte verkauft, kennt sie den Wert ihrer Ware. Sie ist Unternehmerin, orientiert sich am Preis für fairen Specialty Coffee. Sie kalkuliert einen Mehrpreis ein, der ihrem Team in dieser umkämpften Region Sicherheit ermöglicht und plant Investitionen für die nächste Ernte mit ein. Von uns gibt es darauf einen Handschlag und wir zahlen diesen Preis.

Der Handel mit dem Frauenkollektiv in Afghanistan ist etwas komplexer. Die Gemeinschaft besteht aus vielen Familien, manche ernten Safran im Vollerwerb, einige nebenbei. Schon früh im Jahr gehen wir in den Austausch und besprechen den jährlichen Bedarf. Nicht nur die politische Situation, auch Klima und Versorgungslage ändern sich in Afghanistan und sind extremen Schwankungen unterworfen. Seit letztem Jahr begleitet uns die Britische NGO Hand in Hand beim Aufbau von effizienteren und für die Frauen noch lukrativeren Arbeitsabläufen. Gleichzeitig stellen wir mit ihnen auf zertifiziert ökologischen Landbau. Bald gibt es also den ersten afghanischen Bio-Safran. Um den Frauen Planungssicherheit in diesen unruhigen Zeiten zu geben, zahlen wir den Preis für Bio-Safran schon seit einigen Jahren, das entspricht über  ⅓ mehr als dem Handelspreis vor Ort. Diese Sicherheit und Regelmäßigkeit wird geschätzt und wird uns als hilfreich zurück kommuniziert. 

Weltladen:
Welche Rolle spielen existenzsichernde Einkommen in euren Handelsbeziehungen und
in eurer Preisbildung?

Gernot Würtenberger:
Wenn wir von Existenzsicherung, sprechen wir von der Erhaltung des physischen und soziokulturellen Existenzminimums. Das Leben sollte aber mehr sein. Existenzsichernde Einkommen sind in unseren Handelsbeziehungen also das Minimum. Unser Ziel ist die wirtschaftliche Unabhängigkeit unserer Handelspartner. Nur so sind sie in der Lage selbstbestimmt ihr Leben zu führen und die Gesellschaft und das Land mitzugestalten. Besonders marginalisierte Minderheiten sind darauf angewiesen, um ihre Kultur zu erhalten und zukunftsfähige Perspektiven nach ihren eigenen Vorstellungen zu schaffen. 

Daher soll unser Handel auch ein Leben ermöglichen, in dem es mehr als nur ein Existenzminimum zu erfahren gibt. Alleine können wir das nicht schaffen, aber als ein Abnehmer von Vielen ist es möglich! Conflictfood ist zwar in der Regel der einzige Handelspartner in Europa, doch unsere Handelspartner:innen vertreiben ihre Waren bereits regional und überregional. Der Safran wird beispielsweise am lokalen Markt in Herat verkauft. Die gelben Enden der Safranfäden, die hier keine Verwendung haben, werden z.B. nach Indien für das Färben von Süßspeisen verkauft.

Weltladen:
Wie geht ihr – im Vergleich zum konventionellen Handel – mit den Herausforderungen der Corona-Pandemie um? Welchen Unterschied macht dies für eure Handelspartner?

Salem El-Mogaddedi :
Wie der Rest der Welt wurden auch wir nicht durch die Corona-Pandemie verschont. Auch wir hatten mit den verschiedensten Problemen zu kämpfen. Die Corona-Pandemie richtete ein Brennglas auf die soziale Ungleichheit in in der Weltwirtschaft und verschärfte bestehende Probleme. Unsere Arbeit und Sozialunternehmertum generell ist also wichtiger denn je! 

Hinzu kommen andere Krisen, die diesen Effekt verschärfen. Die erneute Machtübernahme der Taliban in Afghanistan und der andauernde Bürgerkrieg in Myanmar erschweren die Arbeit unserer Partner*innen vor Ort und drohen das Erreichte zu zerstören. Kleine Unternehmen wie wir haben keine Rücklagen gebildet und könne längere Durststrecken nicht so einfach durchtauchen wir große Strukturen das können. Der faire Warenankauf bleibt aber ein wichtiger Eckpfeiler unserer Strategie und trotz der aktuellen Herausforderungen werden wir in den nächsten Wochen neue Kooperationen mit Unternehmen in Südostasien und Ostafrika einfädeln. Es gibt also bald neue Köstlichkeiten im Conflictfood-Sortiment!

Weltladen:
Wie könnten sich eure Handelspartnerschaften in der Zukunft weiter entwickeln?

Gernot Würtenberger:
Wir werden unsere Transparenz ausbauen und versuchen andere Unternehmen zu inspirieren sich diesem Thema zu widmen. Wenn wir damit Erfolg haben helfen wir auch gerne bei der Kontaktsuche, denn unsere Handelsbeziehungen sind nie exklusiv – ganz im Gegenteil. Wir vermitteln Kontakte gerne an befreundete Unternehmen weiter, wenn wir wissen, dass die Handelspartner wachsen wollen. Eine gute Vernetzung zu anderen Sozialunternehmen ist eben besonders wichtig. 

Wir werden auch unseren Wirkungskreis, ausgeglichen auf alle Partner*innen, weiter ausbauen um die Bedeutung unserer Arbeit mit so vielen Menschen wie möglich zu teilen. 

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Entdecke die Küche Palästinas. Ein Gespräch mit Starautor Sami Tamimi

Kennst du die Vielfalt der palästinensischen Küche?

Nach dem Bestseller mit Yotam Ottolenghi haben Sami Tamimi und Tara Wigley 2020 ein neues Kochbuch veröffentlicht:  Palästina – Das Kochbuch oder Falastin, wie er es im Original nennt. Ein Buch, das sich gänzlich auf die palästinensische Küche konzentriert. Warum dies wichtig ist, erklärte uns der gefeierte Koch in einem persönlichen Gespräch. In seinem aktuellen Buch dreht es sich sowohl um die Vergangenheit und Zukunft, als auch um die Menschen Palästinas und ihren Alltag.

„Statt ‘eine’ Geschichte oder ‘die’ Geschichte Palästinas zu erzählen, erzählen wir viele Geschichten.” heißt es auch in seiner Einleitung. Und “gemeinsam zu essen, heißt nicht nur, eine Mahlzeit zu teilen. Es bedeutet Zeit, Raum, Ideen und Geschichten zu teilen.”

Palästina ist ein besonderes Kochbuch. Es ist bis unter den Buchdeckel gefüllt mit emotional bewegenden Geschichten und einzigartigen Rezepten. Und darüber hinaus passt es hervorragend zu dem von uns gehandelten palästinensischen Freekeh.

Sami Tamimi sprach mit uns über die Schönheit der palästinensichen Küche:

Herzlich Willkommen, Sami Tamimi. Du schreibst in deinem Buch, dass es dir in deiner Kindheit nicht erlaubt war, in der Küche zu helfen. Heute bist du ein angesehener Küchenchef. Was hat sich verändert?

Einige Dinge haben sich seither geändert. Von professioneller Seite her scheinen mehr Männer als Frauen zu kochen, andererseits wird das Kochen in Palästina allgemein weiterhin als Frauensache angesehen. Es ist eine Tradition, die von Generation zu Generation weitergegeben wird, von Großmutter zu Mutter und von Mutter zu Tochter und so weiter.

Wie würdest du die palästinensische Küche in einigen wenigen persönlichen Worten beschreiben?

Die palästinensische Küche beruht auf dem, was man beim Herumstöbern auftreibt, was man zu Hause hat und in der Vorratskammer findet, die wir “Mooneh” nennen. Es ist oft eine wilde Mischung aus trocknen, einlegen und haltbar machen von saisonalen Lebensmitteln, mit dem Ziel, dass diese den Rest des Jahres überdauern. Die palästinensische Küche ist sehr stark mit dem Land Palästina als Identität verbunden, aber auch mit dem Land selbst – mit dessen Bewirtschaftung und der Saisonalität.

https://conflictfood.com/shop/kochbuch-palaestina/Warum ist es heutzutage wichtig, ein palästinensisches Kochbuch zu veröffentlichen?

Vor ein paar Jahren war der Markt noch nicht bereit für ein palästinensisches Kochbuch, aber ich fühle, dass jetzt ist der richtige Zeitpunkt gekommen ist, sich auf regionales Essen wie die palästinensische Küche zurück zu besinnen. In meinen letzten Büchern sprachen wir über den gesamten Nahen Osten oder den Mittelmeerraum. Es war sehr wichtig für mich, nun auch gezielt über das moderne Palästina zu sprechen – mitsamt seines düsteren Hintergrundes und des alltäglichen Lebens der Palästinenser in Palästina sowie in anderen Gegenden Israels. Mit der Hoffnung, den Wissenshunger der Menschen zu wecken… und sie anzustoßen, mehr wissen zu wollen, mehr zu lesen und vielleicht sogar die Region zu besuchen.

Wenn du könntest, wie würdest du die Esskultur in Europa beeinflussen? 

Ehrlich gesagt, tue ich das bereits seit vielen Jahren. Die Kochbücher und die Möglichkeit anderen Menschen das Kochen beizubringen, erlauben es mir, diesen Menschen etwas über die Region mitzugeben. Sie lesen und lernen dadurch einige persönliche Erfahrungen und geschichtliche Ereignisse, die sich hinter den Gerichten verbergen, kennen. Egal, wo wir uns auf der Welt befinden, wir alle lieben es zu kochen und zu essen und identifizieren uns mit Rezepten, Zutaten und bestimmten Gerichten auf ähnliche Weise. Als Palästinenser ist es für mich darüber hinaus wichtig, die schöne Seite Palästinas zu zeigen, seine Menschen und ihre Esstradition.

Conflictfood Freekeh

Wir verkaufen Bio-Freekeh von der Westbank. Welche Rolle spielt Freekeh in der palästinensischen Küche, Gesellschaft und für die palästinensische Identität?

Ich sage oft, das Freekeh ein Bestandteil der palästinensischen Küche und Vorratskammer ist, der eine besondere Bedeutung in sich trägt. Denn Freekeh schafft eine Verbindung zum Land, zu der Landwirtschaft und den Dingen, die wir vom Land gewinnen.

Welches ist dein liebstes Gericht mit Freekeh? Finden wir es in deinem Kochbuch?

Ich liebe Shorbet Freekeh (eine Freekeh-Suppe mit Hähnchen-Fleischbällchen), die sich auch in meinem Palästina- Kochbuch wiederfindet. Sie ist wohltuend und besänftigt.

Was liegt dir noch auf dem Herzen?

Palästina ist nicht bloß ein Kochbuch, es ist auch eine gute Lektüre für Menschen, die gerne mehr darüber wissen möchten, was in Palästina in unserer heutigen Zeit geschieht. Und dann ist da noch all das geschichtliche Wissen und die zwölf oder mehr palästinensischen Profile, die man lesen und über die man lernen kann. Ich denke, dass die Leute diese sehr lehrreich und interessant finden werden.

Vielen Dank für das spannende Gespräch, Sami

Sami Tamimi arbeitet bereits an seinem nächsten Buch. Zudem unterstützt er einige Wohltätigkeitsprojekte. Unter anderem hilft er Palästinenser*innen dabei, in ihr Zuhause zurückkehren zu können.

Lerne zu kochen, wie der Starkoch und entdecke die palästinensische Küche!

Das Palästina-Kochbuch und viele weitere Kochbücher findest du in unserem Conflictfood-Shop!

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DIESE DREI FILME DES HUMAN RIGHTS FILM FESTIVALS SOLLTEST DU NICHT VERPASSEN!

40 internationale Dokumentarfilme aus 42 Ländern: Das Human Rights Film Festival Berlin präsentiert sein außerordentliches Programm. Aufgrund der Corona-Pandemie muss das Festival neue Wege gehen: Durch eine hybride on- und offline Strategie werden alle Filme, Expert*innentalks sowie Veranstaltungsformate – jetzt bis zum 20. Oktober 2020 verlängert – deutschlandweit online verfügbar sein. 

Mit dabei sind drei spannende und zugleich herzergreifende Dokumentarfilme über die Herkunftsregionen unserer Partnerbäuerinnen und -bauern in Afghanistan, Myanmar und Palästina. Uns von Conflictfood gingen sie besonders unter die Haut.

Learning to Skateboard in a Warzone (If You’re a Girl)

Unvorstellbar: Mädchen lernen Skateboard fahren in Afghanistan. Das ist nicht nur für sie eine Herausforderung, sondern erst Recht für die Gesellschaft. Mit jeder Übungsstunde in der Turnhalle nehmen die Mädchen Fahrt auf: Ihr Körpergefühl wächst, ihr Selbstbewusstsein steigt. Plötzlich ist ein Studium keine abwegige Vorstellung mehr für zwei Schwestern. Für diesen beschwingenden Film, der ein anderes Afghanistan zeigt, wurde die in Hamburg lebende Regisseurin Zamarin Wahdat in diesem Jahr mit einem Oscar geehrt.

 

Exiled: The Rohingyas 

Die Rohingya in Myanmar – die am meisten verfolgte Minderheit der Welt: Warum wurden 2017 ihre Dörfer niedergebrannt, warum Hunderttausende vertrieben, obwohl die Friedensnobelpreisträgerin Aung San Suu Kyi de facto das Land regiert? Kaum ein Konflikt ist so kompliziert wie die Rohingya-Krise. EXILED leuchtet die Geschichte der muslimischen Minorität im buddhistisch geprägten Myanmar in der Tiefe aus. Burmes*innen und Rohingya sprechen über die historischen Wurzeln der Gewalt und berichten von Ausgrenzung und Hass.

 

Gaza

GAZA nimmt uns mit an einen einzigartigen Ort jenseits der medialen Berichterstattung und zeigt uns eine Welt voller eloquenter und starker Charaktere.  Der Film entwirft ein bereicherndes Porträt von Menschen, die versuchen, ein sinnvolles Leben jenseits der Trümmer des ewigen Konflikts zu führen. Frei von den Klischees der Nachrichtenreportage enthüllt der Film einen Ort der Schönheit inmitten der Verwüstung – durch das außergewöhnliche Leben seiner Bewohner*innen.

WEIHNACHTEN HAT EINE HAUPTSTADT – BETHLEHEM

Besuch am multi-religiösen Knotenpunkt

Es gibt kaum einen Ort auf der Welt, an dem Kirchenglocken läuten und nur hundertfünfzig Meter entfernt der Ruf des Muezzins erschallt. In Palästina, im Zentrum Bethlehems, liegt der Manger Platz mit der Geburtskirche und ihr gegenüber die Omar-Moschee. Hier leben Muslime und Christen friedlich zusammen.

Wir haben während der Reise durch Palästina eine Woche lang Bethlehem erkundet. Das traditionsreiche Stadtbild Bethlehems wurde von den verschiedenen Mächten, die dort herrschten, geprägt. Wenn man durch die jahrhundertealten Gassen schlendert, trifft man auf imposante Kirchen, ehrwürdige Klöster und Moscheen. Hier vermischen sich arabische, byzantinische, türkische, römische Stile und bilden ein einzigartiges Fundament für den multi-religiösen Knotenpunkt Bethlehem.

Bedeutungsvolles Bethlehem

2012 nahm die UNESCO die Geburtskirche sowie den uralten Pilgerweg, der von Jerusalem den Berg hinauf nach Bethlehem führt, ins Weltkulturerbe auf. Und auch trotz des umgebenden Nahostkonfliktes pilgern über das ganze Jahr Millionen Menschen an diesen spirituellen Ort.

Kurz vor Weihnachten herrscht in der Geburtskirche eine besonders festliche Stimmung. Erbaut um das Jahr 326 n. Chr. an der vermeintlichen Stelle, wo Jesus Heiligabend geboren wurde, markiert sie den Mittelpunkt christlichen Glaubens zum Weihnachtsfest. Fast jeder hier kennt die Geschichte von Maria und Josef, die zur Volkszählung von Nazareth nach Bethlehem kamen und dort ihren Sohn, die Leitfigur des Christentums, zur Welt brachten. Heute markiert diese Stelle ein  unscheinbares sternförmiges Loch im Boden der Grotte sowie  der Schriftzug “Hic de Virgine Maria Jesus Christus Natur est”.

Sechs Checkpoints, eine acht Meter hohe Mauer und ein Versammlungsverbot hätten den Weg von Josef und Maria jetzt wohl noch etwas beschwerlicher gemacht.

Freundschaft und Gemeinsamkeiten

Die Stadt im palästinensischen Bergland ist eine Pilgerstätte, nicht nur für Christen sondern für Menschen von vielen Religionen: in jüdischen Erzählungen ist sie bekannt als Heimat des legendären Königs David und der Prophet Muhammad soll auf seinem Weg nach Jerusalem hier gebetet haben.Heute leben rund 30.000 Menschen in Bethlehem, das seit 1995 zum Palästinensischen Autonomiegebiet gehört. Nur ein Fünftel davon sind Christen. Laut einer Umfrage des Palestinian Centre for Research and Cultural Dialogue, gaben 90 % der christlichen Bevölkerung Bethlehems an muslimische Freunde zu haben; 73 % glauben, dass die Palästinensische Autonomiebehörde das christliche Erbe in der Stadt mit Respekt behandelt.

Im Islam ist Jesus von Nazareth, Sohn von Maria (Īsā ibn Maryam), ein wichtiger Prophet, weshalb Muslime seine Geburtsstätte ebenso ehren. Vielleicht ist es dieser gemeinsame religiöse Spirit, der die Geburtskirche beinahe eineinhalb Jahrtausende vor Zerstörung beschützt und bewahrt hat.

Genau diese Besinnung auf religiöse Gemeinsamkeiten und geteilte Werte stiftet Frieden. In diesem Sinne wünschen wir euch eine besinnliche Weihnachtszeit, oder wie man in Bethlehem sagt: “Ein glorreiches Geburtsfest, Eid Milad Majid!”

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PALÄSTINAS OLIVENBÄUME – FRIEDENSSYMBOL IM WASSERKONFLIKT

Warum Wege aus der Wasserkrise nicht nur in Olivenhainen, sondern auch auf Freekeh-Feldern beginnen…
Etwa 800 000 Olivenbäume wurden im Konflikt zwischen Israel und Palästina seit 1967 entwurzelt – eine Fläche von 33 Central Parks oder als mehr 15000 Fußballfelder. Das ist nicht nur wirtschaftlich verheerend, sondern auch ein Angriff auf das Selbstverständnis palästinensischer Bauern, für die der Anbau und die Pflege des historisch symbolträchtigen Olivenbaumes identitätsstiftend und aufgrund der Wasserknappheit lebensnotwendig ist.

"Bei jedem Tropfen Wasser muss ich genau überlegen für was ich ihn benutze"

Wassermangel ist ein substantielles Problem in Palästina. Obwohl die in der Westbank vorhandenen Wasserressourcen potentiell für alle Bewohner ausreichen würden, sind die palästinensischen Gemeinden nur unzureichend mit Wasser versorgt. Ihr Brunnenbau wird stark kontrolliert und unterliegt militärischen Sondergenehmigungen. Außerdem ist das staatliche israelische Unternehmen Mekorot zuständig für die Wasserversorgung. Während der israelischen Bevölkerung täglich ca. 300 Liter pro Kopf zur Verfügung gestellt werden, bekommen Palästinenser nur etwa 70 Liter von Mekorot geliefert. Das sind 30 Liter weniger als die WHO für den täglichen Mindestbedarf empfiehlt. Schon von weitem erkennt man die palästinensischen Dörfer in der Westbank an den schwarzen Wasserbehältern auf den Dächern. Darin speichern die Familien einen Teil des Wassers für die Dürreperioden im Sommer. Im Sommer 2017 erreichte die Wasserkrise einen Höhepunkt – in einigen Dörfern rund um Salfit, Jenin und Hebron floss 40 Tage kein Wasser mehr. Enas Taha, eine Anwohnerin des Dorfes Kafr al-Deek, erzählte dem Nachrichtenportal Al-Jazeera: „Jeden Tag checke ich den Wetterbericht. Bei jedem Tropfen Wasser muss ich genau überlegen für was ich ihn benutze. Das Wasser reicht kaum, um zu trinken, kochen und sich zu waschen. Manchmal kann ich wochenlang unser Haus nicht putzen oder die Wäsche waschen. Es ist so heiß, trocken und staubig hier – das ist einfach nur erschöpfend“.

© http://visualizingpalestine.org/

Die mangelhafte Wasserversorgung betrifft natürlich nicht nur die Haushalte, sondern hat auch Folgen für die Landwirtschaft und Biodiversität. Viele traditionelle Obst- und Gemüsesorten werden nicht mehr angebaut, da die Felder nicht ausreichend bewässert werden können. Die Folge ist eine Konzentration auf Pflanzen wie Olivenbäume, die langfristig mit dem Regen auskommen, der in den Wintermonaten fällt. Bis zu 4000 Jahre alt sind einige Bäume in Palästina – sie sind die ältesten der Welt und wurden seit Generationen von Familien gepflegt. Historisch hat der Olivenbaum eine besondere symbolische Bedeutung – mit seiner Robustheit, steht er für Durchhaltevermögen, Resistenz und Frieden. In der biblischen Sintflut-Erzählung überbringt eine von Noah gesendete Taube bei ihrer Rückkehr zur Arche die frohe Botschaft „Land in Sicht“ – dabei hält sie einen Olivenzweig. Auch der Koran verweist auf den gesegneten Ölbaum, der Licht schenkt. Später, Mitte des 20. Jahrhunderts, greift Pablo Picasso dieses Bild wieder auf. Als Leitbild für den Weltfriedenskongress entwirft er die berühmte Zeichnung der weißen Friedenstaube, die ebenfalls den Olivenzweig im Schnabel trägt.

Eine Friedenstaube mit Olivenzweig an einer Mauer in Bethlehem

Olivenbäumen und Freekeh-Felder als Wege aus der Wasserkrise​

Heute machen Oliven 70% der Frucht- und Gemüseproduktion Palästinas aus und generieren damit 14% des wirtschaftlichen Einkommens. Das bedeutet, etwa 80 000 Familien sind von den grünen saftigen Steinfrüchten abhängig. Aber, obwohl Olivenbäume eine wichtige Einnahmequelle sind, hat ihre Kultivierung auch bittere Nebenwirkungen. Die starke Konzentration der Bauern auf Oliven hat ein Überangebot zur Folge, das für einen schleichenden Preisverfall sorgt. So sind auch die Bauern, deren Olivenhaine nicht ohnehin schon im Konflikt zerstört wurden, zunehmend von prekären Produktionsbedingungen betroffen. 

Deshalb hat Conflictfood sich eine Möglichkeit überlegt, mit der wir Palästinas Bauern und die ökologische Diversität nachhaltig fördern können: Indem wir langfristig eine Nachfrage für das traditionsreiche Wunderkorn Freekeh aufbauen ohne dabei das Land auszulaugen. Freekeh bietet deshalb eine nachhaltige landwirtschaftliche Alternative im Wasserkonflikt, weil es eine Art von Weizen ist, der noch unreif und grün geerntet wird und somit im Anbau deutlich weniger Wasser als anderes Getreide benötigt.
Bei uns gibt es das wunderbare Korn mit dem freakigen Namen übrigens zu kaufen! Als ganzes Korn und in Bio-Qualität ist es die perfekte Zutat für deine gesunden Gerichte.

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POLITK UND LANDWIRTSCHAFT IN PALÄSTINA – TEIL 2

Ein Beitrag unserer Gastautorin Fini Hennig

Wenn die Rede auf die Küche des Nahen Ostens kommt, dann denken die meisten bestimmt zuerst an Hummus und Falafel, das man auch hier bei uns an jeder Straßenecke kaufen kann. Die nahöstliche Küche hat aber natürlich noch viel mehr zu bieten. Conflictfood hat sich daher im Sommer nach Palästina aufgemacht, um noch andere Köstlichkeiten der Region zu entdecken. Aber warum ausgerechnet Palästina?

Der Konflikt zwischen Israel und Palästina schwelt schon seit langer Zeiten, und es scheint momentan auch keine Lösung dafür in Sicht zu sein. Darunter leiden vor allem die Palästinenser und Palästinenserinnen, die bedingt durch die israelische Besatzung mit sehr schwierigen Bedingungen zu kämpfen haben, welche die Menschen oftmals in Perspektiv- und Hoffnungslosigkeit zurück lässt. Die Besatzung prägt nicht nur das politische Leben und den Alltag der palästinensischen Bevölkerung, sondern hat auch tief greifende Folgen für die palästinensische Ökonomie und darunter nicht zuletzt auch für die Landwirtschaft. Für eine Gesellschaft, die über Jahrhunderte hinweg agrarisch geprägt war und einen Großteil ihres Selbstverständnisses aus der Kultivierung und dem Erhalt von Grund und Boden gegründet hat, ist das nicht nur ein Angriff auf ihre materiellen Existenzgrundlagen, sondern auch auf ihre Identität. Aus diesem Grund möchte Conflictfood palästinensische Kleinbauern unterstützen und mit neuen Vertriebswegen Perspektiven der Existenzsicherung für sie eröffnen.

Hier geht es zu Teil 1

Teil 2 - „Made in Palestine“ – Widerstand durch lokale Produktion und lokalen Konsum

Es mag kaum verwundern, dass Landwirtschaft und Konsum vor dem Hintergrund der Besatzung mit all ihren Auswirkungen ein Mittel zum Widerstand wird. Trotz der desolaten Situation finden sich nämlich Höfe, Betriebe und Initiativen, die sich von diesen widrigen Bedingungen nicht abschrecken lassen und weiterhin anbauen, produzieren und ihren Geschäften nachgehen, oftmals in Verbindung mit einer sozialen und ökologischen Ausrichtung und einer zunehmenden Vernetzung untereinander.

Bereits während der ersten Intifada in den 1980er Jahren gründeten Bauern und Bäuerinnen Kooperativen, um eine Alternative zu israelischen Produkten zu schaffen. Nach den gescheiterten Friedensverhandlungen, der zweiten Intifada von 2000 bis 2005, der Spaltung der politischen Führung in die Fatah (Westbank) und Hamas (Gaza-Streifen) und dem Erstarken der israelischen Rechten beginnt in den letzten Jahren eine regelrechte Bewegung aus Kleinunternehmen zu entstehen, die versucht, das beste aus der scheinbar immer auswegloseren Situation zu machen. Derlei Unternehmen und Initiativen finden sich nicht nur im Agrarbereich, sondern auch in anderen Bereichen wie Architektur, Kunst, Handwerk, Design und im Tourismus. Sie haben zum einen das Ziel, die palästinensischen Wirtschaft zu stärken, Existenzen zu sichern, Arbeitsplätze zu erhalten und neue zu schaffen. Zum anderen wird versucht, traditionelle Landwirtschaft, Handwerk und Kunsthandwerk zu erhalten und weiter zu entwickeln. Damit soll natürlich auch ökonomische Unabhängigkeit von Israel erreicht werden, wo immer das unter den gegenwärtigen Voraussetzungen möglich ist.¹

Baladi - Von meinem Land

In der Landwirtschaft schließen sich zu diesem Zweck Höfe in Kooperativen zusammen, um gemeinsam Vertriebswege zu entwickeln, Wissen auszutauschen und Qualitätsstandards zu schaffen. Wie im Fall von Freekeh findet eine Rückbesinnung auf alte Anbaumethoden und Sorten statt, und es werden verstärkt Pflanzen wie z.B. Mandeln angebaut, die mit wenig Wasser auskommen. Ein Projekt widmet sich dem Erhalt alter Pflanzensorten durch Einrichten einer Samenbank (Palestinian Heirloom Seed Library). Käsereien bewahren alte Herstellungsmethoden und experimentieren mit neuen Käsesorten. Globale Trends wie die Herstellung von Craft Beer werden aufgegriffen, Weinbauern erproben autochthone Traubensorten für die Weinherstellung, andere Initiativen wiederum versuchen sich an Permakulturprojekten.Viele Bäuerinnen und Bauern verorten sich zudem im globalen Kampf gegen Agrar-Monopolisten, Sortenarmut und GMO, und für den Erhalt von traditionellen, umwelt- und klimagerechten Anbaumethoden, der genetischen Vielfalt und lokalen Sorten. Sie streben nicht nur die ökonomische Unabhängigkeit von Israel, sondern auch von internationalen Entwicklungshilfegeldern an, die oftmals nur die industrielle Landwirtschaft mit all ihren negativen Auswirkungen auf Sortenvielfalt, Umwelt und Klima fördert. Dem gemäß sind es vor allem die kleineren Bauernhöfe, und dabei oftmals Frauenkooperativen, die den Anbau den Anbau von so genannten baladi-Produkten betreiben.Baladi heißt übersetzt „von meinem Land“ und ist in Palästina ein gängiger Begriff für lokal hergestellte Lebensmittel. Sie werden überwiegend nicht mit Pestiziden und chemischen Düngemitteln behandelt und weisen einen hohen Nährstoffgehalt auf. Obwohl es keinen palästinensischen Standard für Bio-Nahrungsmittel gibt, orientieren sich viele Erzeuger in den letzten Jahren vermehrt an den Fair Trade Richtlinien. Gleichzeitig wird auch versucht, eigene Qualitätsstandards zu formulieren, da Fair Trade Regularien manchen lokalen Anbaubedingungen in der Region nicht gerecht werden. Zudem wollen einige Erzeuger*innen ja nicht nur für den Export, sondern vor allem auch für den lokalen Markt produzieren. Und der lokale Markt verlangt immer stärker nach baladi-Produkten. Landwirtschaft und damit der Erhalt von Land genießen einen hohen Stellenwert in der Gesellschaft, genauso wie gutes Essen. Und das kann nur mit qualitativ hochwertigen Produkten entstehen, die am besten von lokalen Erzeugern gekauft werden.

Viele Familien beziehen ihre Lebensmittel daher noch direkt vom Bauern, und wo das nicht mehr möglich ist, werden zunehmend auch neue Bauernmärkte und Lieferdienste ins Leben gerufen, um Erzeuger und Konsumenten wieder in direkten Kontakt zu bringen. So werden baladi-Produkte nicht nur wegen des Geschmacks gekauft, sondern auch weil das Bewusstsein wächst, dass der Konsum lokaler Produkte die palästinensische Wirtschaft stärkt, die ökonomische Unabhängigkeit von Israel fördert und zum Erhalt und der Weiterentwicklung palästinensischer Kultur beiträgt. Denn nicht zuletzt ist das, was wir essen auch immer Teil unserer persönlichen Geschichte und prägt unsere Identität. Die Herstellung von Produkten „Made in Palestine“ und deren Kauf wird so zu einem friedlichem Akt des Widerstandes gegen die Besatzung und zu einem Mittel des Selbsterhaltes – nicht nur auf ökonomischer, sondern auch auf kultureller Ebene. Diese Bewegung gilt es sichtbar zu machen und zu unterstützen, was Conflictfood mit seinen Aktivitäten in Palästina tun möchte.

¹ Einen guten Überblick über diese Entwicklung bietet der von der Heinrich-Böll-Stiftung herausgegebene Einkaufsführer „Conscious Choices. A guide to Ethical Consumerism in Palestine“ von Muna Dajani und Lina Isma’il. Die Autorinnen stellen darin palästinensische Nahrungsmittelproduzent, (Kunst-)Handwerksbetriebe, Läden und Initiativen vor, die sich der Aufklärung über und der Herstellung von lokalen Produkten unter ökologischen Vorgaben und fairen Arbeitsbedingungen verschrieben haben. Der Einkausführer war die wichtigste Quelle für dieses Kapitel.Fini Hennig ist Ethnologin mit Spezialisierung auf den Nahen Osten/Nordafrika und macht derzeit ihren zweiten Master im Fach Nachhaltiges Tourismusmanagement an der Hochschule für nachhaltige Entwicklung Eberswalde. Sie liebt auch die Küche der Region und beschäftigt sich deshalb in ihrer Abschlussarbeit mit palästinensischem Essen und dessen Bedeutung für die Konstruktion einer kollektiven palästinensischen Identität in Palästina und der Diaspora.

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POLITK UND LANDWIRTSCHAFT IN PALÄSTINA – TEIL 1

Ein Beitrag unserer Gastautorin Fini Hennig

Wenn die Rede auf die Küche des Nahen Ostens kommt, dann denken die meisten bestimmt zuerst an Hummus und Falafel, das man auch hier bei uns an jeder Straßenecke kaufen kann. Die nahöstliche Küche hat aber natürlich noch viel mehr zu bieten. Conflictfood hat sich daher im Sommer nach Palästina aufgemacht, um noch andere Köstlichkeiten der Region zu entdecken. Aber warum ausgerechnet Palästina?

Der Konflikt zwischen Israel und Palästina schwelt schon seit langer Zeiten, und es scheint momentan auch keine Lösung dafür in Sicht zu sein. Darunter leiden vor allem die Palästinenser und Palästinenserinnen, die bedingt durch die israelische Besatzung mit sehr schwierigen Bedingungen zu kämpfen haben, welche die Menschen oftmals in Perspektiv- und Hoffnungslosigkeit zurück lässt. Die Besatzung prägt nicht nur das politische Leben und den Alltag der palästinensischen Bevölkerung, sondern hat auch tief greifende Folgen für die palästinensische Ökonomie und darunter nicht zuletzt auch für die Landwirtschaft. Für eine Gesellschaft, die über Jahrhunderte hinweg agrarisch geprägt war und einen Großteil ihres Selbstverständnisses aus der Kultivierung und dem Erhalt von Grund und Boden gegründet hat, ist das nicht nur ein Angriff auf ihre materiellen Existenzgrundlagen, sondern auch auf ihre Identität. Aus diesem Grund möchte Conflictfood palästinensische Kleinbauern unterstützen und mit neuen Vertriebswegen Perspektiven der Existenzsicherung für sie eröffnen. 

Hier geht es zu Teil 2

Teil 1 - Die wichtigsten Konfliktlinien des Konfliktes zwischen Israel und Palästina

Wenn Conflictfood von Palästina spricht, bezieht es sich auf das Westjordanland bzw. die Westbank und auf den Gazastreifen, die gemäß der Oslo-Verträge einmal den Staat Palästina ausmachen sollten. Beide Gebiete einschließlich Jerusalem hat Israel im Sechs-Tage-Krieg 1967 erobert, wie auch den Sinai im Süden und die Golan-Höhen im Norden. Der Sinai wurde 1982 an Ägypten zurückgegeben, während der Status der an Syrien und den Libanon angrenzenden Golan-Höhen weiterhin ungeklärt ist. Ein Teil bleibt von Israel annektiert, der andere steht unter UN-Verwaltung. Aus dem Gaza-Streifen hat sich das israelische Militär 2005 komplett zurückgezogen und die jüdischen Siedlungen dort wurden aufgelöst. Aufgrund immer wieder aufflammender militärischer Auseinandersetzungen zwischen der im Gaza-Streifen herrschenden islamistischen Hamas und Israel bleibt er dennoch komplett abgeriegelt. Die für Juden, Muslime und Christen gleichermaßen heilige Stadt Jerusalem hat nach wie vor einen Sonderstatus, fungiert aber de facto bereits als Hauptstadt Israels. Das Westjordanland sowie das von den Palästinensern beanspruchte Ost-Jerusalem stehen aber bereits seit fast 50 Jahren unter israelischer Besatzung, was für die Landwirtschaft dort verheerend ist.

Dieser Blogbeitrag geht vor allem auf die Situation der Bauern und Bäuerinnen in der Westbank ein, da die Situation im Gaza-Streifen bedingt durch die politische Spaltung der palästinensischen Führung und die totale israelische Blockade einen eigenen Blogpost erforderlich machen würde. Die Blockade hat außerdem zur Folge, dass Conflictfood derzeit auch nur in der Westbank aktiv sein kann.

Bereits der UN-Teilungsplan von 1947 sah die Schaffung zweier separater Staaten für Juden und Araber auf dem britischen Mandatsgebiet Palästina vor, dieser wurde allerdings von arabischer Seite nicht akzeptiert. Nach Ablauf des britischen Mandats im Mai 1948 rief Ben Gurion den Staat Israel aus, woraufhin die umliegenden arabischen Staaten Israel den Krieg erklärten. Im ersten israelisch-arabischen Krieg gelang es Israel, weitere Gebiete zu erobern, die eigentlich Teil des arabischen Palästina sein sollten. Der Krieg wurde 1949 beendet und mit dem Waffenstillstand wurde die so genannte „Grüne Linie“ eingerichtet, die im Rahmen der im Oslo-Prozess von 1993 und 1995 vereinbarten Zwei-Staaten-Lösung den künftigen Staat Palästina ausmachen sollte. Die Grüne Linie markiert nunmehr die Grenze zwischen Israel und dem Gaza-Streifen, sowie dem besetzten Westjordanland – eine Grenze, die für Israelis kaum, für die Palästinenser jedoch sehr präsent ist.

Flüchtlinge

Für die Palästinenser ist die Geschichte seit der Staatsgründung Israels eine Geschichte von Landnahme und Vertreibung. Schon die Kriege von 1947-49 und 1967 hatten ca. eine Million palästinensische Flüchtlinge und Vertriebene hervorgebracht, die größtenteils in Flüchtlingscamps in der Westbank verblieben oder von den umliegenden Nachbarstaaten aufgenommen worden waren. Das Rückkehrrecht der palästinensischen Flüchtlinge ist ein Punkt, an dem bisherige Friedensverhandlungen immer wieder gescheitert sind. Die Palästinenser plädieren für ein uneingeschränktes Rückkehrrecht aller Geflüchteten und ihrer Nachfahren in ihre ursprünglichen Herkunftsorte, auch die in Israel. Israel wiederum fürchtet bei dieser Lösung um die jüdische Bevölkerungsmehrheit, da dies dem Grundgedanken des Zionismus, einen jüdischen Staat zu errichten, zuwiderläuft.

Siedlungen

Einer weiterer strittiger Punkt einer Friedenslösung ist der Verbleib bzw. die Auflösung jüdischer Siedlungen im Westjordanland. Nach dem Sechs-Tage-Krieg 1967 wurde entgegen völkerrechtlicher Beschlüsse der Bau jüdischer Siedlungen durch die israelischen Regierungen konstant vorangetrieben. Heute leben ca. 550.000 Menschen in den Siedlungen der Westbank und in Ost-Jerusalem. Bei den Bewohnern handelt sich längst nicht mehr nur um die Mitglieder der Siedlerbewegung, die das Land als gottgegeben und damit als rechtmäßiges Eigentum der Juden betrachtet. Inzwischen ziehen auch relativ unpolitische Israelis dort hin, da die Grundstückspreise mit Subventionen gefördert werden und sehr niedrig sind.

Über die Jahrzehnte sind ganze Siedlungsblöcke mit bis zu 40.000 Einwohnern entstanden, die über die gesamte Infrastruktur einer Stadt mit allen notwendigen Einrichtungen verfügen. Strategisch günstig auf Hügelkuppen wie Trutzburgen angeordnet stehen sie oftmals nicht weit entfernt von palästinensischen Städten und Dörfern, die sie weithin sichtbar überragen. Derzeit gibt es in der Westbank ca. 125 offiziell genehmigte Siedlungen, hinzu kommen außerdem an die 100 inoffizielle, aber von der israelischen Regierung geduldete Außenposten, die zunächst oftmals nur aus einer Ansammlung von Wohnmobilen bestehen, dann aber sukzessive in befestigte Wohnanlagen umgewandelt werden. Die offiziellen Siedlungen verfügen nicht nur über eine hervorragende Infrastruktur, sondern auch über eigene Straßen, die diese mit Israel und auch untereinander verbindet. So ist ein paralleles Verkehrswegenetz entstanden, das von den Palästinensern nicht benutzt werden darf.

Hinzu kommen 27 befestigte Checkpoints und jederzeit mögliche mobile Checkpoints, welche die Bewegungsfreiheit der Palästinenser erheblich einschränken. All das trägt weiter zur Fragmentierung der Westbank und dem Verlust landwirtschaftlicher Nutzflächen bei.

© http://visualizingpalestine.org/

Area A, B, C

Der Oslo-Prozess sollte die Errichtung des palästinensischen Staates und damit einher gehend den stufenweise Rückzug der israelischen Armee aus den besetzten Gebieten einleiten. Da gerade auch für die Westbank umstritten war, welche Gebiete tatsächlich zu Israel und welche zu Palästina gehören sollten, wurde sie unterteilt in Verwaltungsgebiete, in denen Israel unterschiedlich viel Einflussnahme hat und aus denen es sich dann sukzessive zurückziehen sollte. Und diese Verwaltungsgebiete bestehen noch heute, lange nach dem Scheitern der Friedensverhandlungen, ebenso wie die Besatzung weiterhin besteht und eine Zwei-Staaten-Lösung immer unwahrscheinlicher wird. Die Aufteilung hat erheblichem Einfluss auf die palästinensische Wirtschaft , insbesondere auch den Agrarsektor.

Lediglich 18% der Gesamtfläche der Westbank unterstehen der vollständigen Kontrolle der palästinensischen Autonomiebehörde (PA), darunter vor allem die großen Städte. Das ist die so genannte Area A., in der kaum Landwirtschaft betrieben wird. Die Area B umfasst die Dörfer und ländlichen Regionen um diese Städte. Sie unterstehen palästinensischer Zivilverwaltung, werden sicherheitspolitisch aber von Israel kontrolliert und machen etwa 22% der Gesamtfläche aus. Area C schließlich, die 60% der Fläche einnimmt, untersteht vollständig der israelischen Sicherheitskontrolle. Darüber hinaus kontrolliert Israel dort sowohl sämtliche territorialen Angelegenheiten als auch die komplette Infrastruktur. Die Area C umfasst vor allem die Regionen, in denen Landwirtschaft betrieben wird, sowie den Großteil der jüdischen Siedlungen. Palästinenser können in Area C weder bauen noch in die Infrastruktur eingreifen, und ihr Land kann jederzeit durch den israelischen Staat enteignet werden. Israel beruft sich dabei auf ein osmanisches Gesetz von 1858, das besagt, dass Land vom Staat enteignet werden kann, wenn es länger nicht genutzt wird. Vorher allerdings werden die Besitzer aber durch Zutrittsverbote von ihrem Land fern gehalten.

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Die Mauer

Erschwert wird die Situation durch den Bau der Sperrmauer, die seit 2002 im Zuge des Scheiterns der Friedenslösung und der zweiten Intifada sukzessive gebaut wird. Die Mauer orientiert sich zwar an der Grünen Linie, die bereits nach dem ersten israelisch-arabischen Krieg 1948 als Waffenstillstandslinie und mögliche Grenze vereinbart worden war, rückt dabei aber weit in das Westjordanland vor. Während die Grüne Linie nur 320 km lang ist, wird die Mauer eine Gesamtlänge von ca. 700 km haben. An der Grünen Linie liegende jüdische Siedlungen in der Westbank wurden durch den Bau der Mauer de facto Israel einverleibt. 80% der Sperranlage, die streckenweise bis zu 60 Meter breit ist, verläuft auf palästinensischem Gebiet. Nach der Fertigstellung, die für 2020 geplant ist, werden bis zu 15% der Gesamtfläche der Westbank außerhalb der Mauer liegen.

Die Mauer teilt oder umschließt zum Teil auch ganze Städte und Dörfer und trennt damit die Bauern von ihren Feldern. Sie ermöglicht zudem eine noch bessere Kontrolle über den Import und Export von Waren von und nach Palästina. So machen Checkpoints und mehrmalige Sicherheitsinspektionen auf dem Weg zu den israelischen Häfen den erfolgreichen Export von landwirtschaftlichen Erzeugnissen abhängig vom good will der Besatzungsmacht.

Palästinensische Produzenten zahlen außerdem hohe Steuern auf ihre Exporte, während Israel kostenlos Waren in die besetzten Gebiete einführen kann. Nicht zuletzt dadurch wird der palästinensische Markt mit Gütern aus Israel überschwemmt, deren Preise die Bauern, Lebensmittelhersteller und Handwerksbetriebe in Palästina kaum etwas entgegen setzen können, zumal bedingt durch die schwachen staatlichen Strukturen eine konsistente Politik zur Stärkung der lokale Wirtschaft fehlt. Gelder aus der Entwicklungszusammenarbeit fließen im Agrarsektor vor allem zugunsten einer Ausrichtung auf globale Märkte. Sie tragen damit eher zur Standardisierung und Industrialisierung und zum Verschwinden von lokalen Sorten bei und machen kleine Betriebe konkurrenzunfähig. Durch die Siedlungen, die Fragmentierung des Landes und die Mauer schreitet die Landnahme und die Vertreibung von Palästinensern weiter voran und bedroht die gesamte Landwirtschaft Palästinas, die ca. 13% des BIP ausmacht und von der geschätzt 70-100.000 Familien abhängig sind, in ihrer Existenz.

Wassermangel

Es besteht jedoch noch ein weiteres substantielles Problem in der Westbank, und das ist Wassermangel. Die Wasserversorgung der Westbank und die dazu gehörige Infrastruktur liegen vollständig in den Händen des israelischen Staatsunternehmens Mekorot. Obwohl die in der Westbank vorhandenen Wasserressourcen für alle Bewohner ausreichen würden, werden die palästinensischen Gemeinden besonders in den sehr heißen Sommermonaten nur unzureichend mit Wasser versorgt. Während der israelischen Bevölkerung täglich ca. 300 Liter pro Kopf zur Verfügung stehen, bekommen Palästinenser nur etwa 70 Liter, und selbst das sind 30 Liter weniger als die WHO für den täglichen Mindestbedarf empfiehlt. Man erkennt palästinensische Dörfer daher schon von weitem an den schwarzen Wassertanks auf den Dächern. Dort wird in den Sommermonaten Wasser gespeichert, das die Bewohner per LKW von Mekorot liefern lassen müssen, wenn aus den Leitungen über Tage hinweg gar nichts mehr kommt.

© http://visualizingpalestine.org/
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Die mangelhafte Wasserversorgung betrifft natürlich nicht nur die Haushalte, sondern hat auch Folgen für die Landwirtschaft und die Biodiversität. Wenn Felder nicht bewässert werden können, werden viele Obst- und Gemüsesorten, die mit ausreichend Wasser üppig gedeihen würden, gar nicht erst angebaut. Die Folge ist eine Konzentration auf Pflanzen wie Oliven, die mit dem Regen auskommen, der in den Wintermonaten fällt. Diese Konzentration auf Oliven zieht außerdem ein Überangebot und damit einen Preisverfall nach sich, was die ökonomische Misere der Bauern weiter verschlimmert.Hinzu kommt noch, dass von einem Gesamtbestand von ca. 10 Millionen Olivenbäumen ungefähr 800.000 Bäume durch die Armee oder radikale Siedler mutwillig zerstört wurden. Dies ist nicht nur wirtschaftlich verheerend, sondern auch ein Angriff auf das Selbstverständnis palästinensischer Bauern, für die der Anbau und die Pflege des schon seit biblischen Zeiten symbolträchtigen Olivenbaumes identitätsstiftend ist. All diese Faktoren schränken die Möglichkeiten, eine diversifizierte, wirtschaftlich ertragreiche und qualitativ hochwertige Landwirtschaft zu betreiben, erheblich ein.

Fini Hennig ist Ethnologin mit Spezialisierung auf den Nahen Osten/Nordafrika und macht derzeit ihren zweiten Master im Fach Nachhaltiges Tourismusmanagement an der Hochschule für nachhaltige Entwicklung Eberswalde. Sie liebt auch die Küche der Region und beschäftigt sich deshalb in ihrer Abschlussarbeit mit palästinensischem Essen und dessen Bedeutung für die Konstruktion einer kollektiven palästinensischen Identität in Palästina und der Diaspora.

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CONFLICTFOOD & SLOW FOOD

Slow Food statt Fast Food

Essen ist Genuss – geschmacklich und verantwortungsbewusst. Darum sucht Conflictfood kulinarische Spezialitäten in Konfliktregionen mit dem Ziel die Strukturen vor Ort zu stärken.

Der Aufbau solcher Handelsbeziehungen ist keine Aufgabe, die man von heute auf morgen erledigt. Sie erfordert Fingerspitzengefühl und ist ’slow‘! Slow Food, eine Organisation die vor 30 Jahren als Gegenbewegung zum Fastfood gegründet wurde hat es sich zur Aufgabe gemacht, unsere wertvolle Kultur des Essens und Trinkens am Leben zu erhalten. Der Maßstab von Slow Food ist: Gut, sauber und fair! Geschmacklich einwandfrei und nachhaltig erzeugt mit einer fairen Entlohnung für die getane Arbeit. Die Lebensmittel sollen so produziert werden, dass weder Mensch, Natur noch Tier dabei zu schaden kommen und das passiert nicht im Geschwindigkeitsrausch. Genau dafür steht die Weinbergschnecke, das Logo von Slowfood: Qualität braucht Zeit. Dazu gehört nun mal auch eine nachhaltige und umweltfreundliche Lebensmittelproduktion, die auch unsere biologische Artenvielfalt schützen soll.

Deswegen haben die Slow Food-Genießer vor 10 Jahren ein weiteres Projekt ins Leben gerufen: Die Arche des Geschmacks. Diese schützt weltweit über 3.000 regional wertvolle Lebensmittel, Nutztierarten und Kulturpflanzen vor dem Vergessen und Verschwinden, die unter den gegenwärtigen ökonomischen Bedingungen am Markt nicht bestehen oder „aus der Mode“ gekommen sind. Mit dem Wissen, dass biologische Vielfalt regionale Wurzeln besitzt, bewahrt die „Arche des Geschmacks“ das kulinarische Erbe der Regionen. Schwerpunkt der Arbeit ist das aktive Sammeln, Beschreiben, Katalogisieren und Bekanntmachen der Passagiere. Das Motto lautet: Essen, was man retten will! Denn: Was nicht gegessen wird, wird nicht nachgefragt, kann also nicht verkauft werden und wird deshalb nicht hergestellt. Die „Arche des Geschmacks“ ist ein eingetragenes Warenzeichen von Slow Food International. Das Projekt wurde 1996 ins Leben gerufen, in Deutschland gibt es zur Zeit 58 Arche-Passagiere.

Die Biodiversität Palästinas

Auf dem diesjährigen Festival Stadt Land Food haben wir von Conflictfood uns mit Slow Food Berlin zusammengetan und die kulinarische Vielfalt Palästinas verkostet. Unsere vielfältige Ernährung ist eng verbunden mit unserer kulturellen Identität. Was nicht nachgefragt wird, wird nicht produziert und ein großer Teil unseres Kulturguts geht verloren. Identität spielt für das Leben und Überleben der Palästinenser*innen eine wichtige Rolle. Auch in der palästinensischen Küche sind zahlreiche identitätsstiftende und traditionelle Kulturgüter zu finden: Beispielsweise Akkoub und Loof. Beide Pflanzen gelten als Delikatessen – wenn man weiß, wie man sie richtig zubereitet. Akkoub ist eine Wildpflanze, die in Berglandschaften zu finden ist. Seine Vorbereitung wurde sogar einst als Ritual gefeiert. Ebenso wie Loof! Die Zubereitung von Loof ist besonders schwierig, da die Pflanze roh giftig ist und schnell einen starken bitteren Geschmack hervorrufen kann. Wegen dieser Schwierigkeiten sind beide Pflanzen in Gefahr aus der kulinarischen Welt zu verschwinden.

Akkoub
Freekeh

Ein Passagier, der ebenfalls einen Ehrenplatz auf der Arche einnimmt, ist Freekeh. Freekeh ist ein grün geernteter und über Flammen gerösteter Weizen mit jahrtausendalter Tradition. Das Wort Freekeh kommt aus dem Arabischen und bedeutet „reiben“. Denn die Geschichte besagt, dass Freekeh durch einen Zufall entdeckt wurde. Bei einem Angriff auf ein Dorf wurden junge Weizenfelder in Brand gesetzt. Die Dorfbewohner*innen versuchten verzweifelt ihre Ernte zu retten indem sie den verbrannten Teil abrieben. Heraus kam ein gerösteter, köstlicher Kern! Und somit erhielt das Weizen seinen Namen. Es gilt als Spezialität in vielen arabischen Ländern, insbesondere in Palästina und viele traditionelle Gerichte werden mit dem Weizen kombiniert. Denn es ist ein natürlicher Gesundheits-Booster, eine Proteinquelle und reich an Ballaststoffen. Es ist die ideale Ergänzung für Sportler*innen und sogar sehr gut für Diabetiker*innen geeignet! Und das Wichtigste: Es ist super lecker.

In Syrien, Palästina uns Jordanien steht das besondere Korn schon seit vier Jahrtausenden auf dem Speiseplan. In Europa ist es noch weitgehend unbekannt. Im Norden der Westbank, der Kornkammer Palästinas, hat Conflictfood eine Gruppe von Bio-Bauern getroffen, die Freekeh nach alter Tradition anbauen und ernten. Diesen Bauern möchten wir neue Absatzmärkte eröffnen und ihnen durch direkten und gerechten Handel eine stabile wirtschaftliche Perspektive bieten.

Get Freekeh!

Unser Konsum hat Auswirkungen auf andere Menschen auf der Welt. Wir möchten gemeinsam mit dir neue Wege gehen und zeigen, dass soziale Verantwortung und Handel betreiben, sich nicht ausschließen, sondern zusammengehören. Conflictfood ist deine Alternative. Wie begegnen unseren Partner*innen respektvoll und auf Augenhöhe.

Lasst uns gemeinsam mit der Arche des Geschmacks das Kulturgut Freekeh vor der Vergessenheit bewahren und gleichzeitig die Bauern aus der Westbank unterstützen. Damit wir unser Essen in vollen Zügen genießen können: Geschmacklich und verantwortungsbewusst.

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