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Decolonize tea

Die Geschichte des Teehandels ist eine Geschichte von Macht, Kriegen und Rassismus.
Wie können wir Tee dekolonisieren?

Was ist heute wohl das beliebteste Getränk der Welt? Cola, Wein? Bier? Oder ist es Kaffee? Nein, falsch! Das beliebteste Getränk der Welt ist Tee. Nach Wasser ist Tee auch das am meisten konsumierte Getränk: über 3 Billionen Tassen pro Jahr weltweit! Es ist kaum vorstellbar, dass Tee im 17. und 18. Jahrhundert ein Luxusgut war; nur Aristokraten und die Reichsten konnten sich Tee als begehrten Ausdruck elitärer sozialer Stellung und Bildung leisten. Der Weg des Tees zum Industrieprodukt war von Kolonialismus, Kriegen, Ausbeutung und Rassismus geprägt. 

Um zu verstehen, welchen Impact Tee auf den Welthandel hat, müssen wir zuerst ein paar tausend Jahre zurückblicken. In den Regionen Yunnan und Sichuan (China) und in der Region Shan (heute östliches Myanmar) hat die Teepflanze Camellia sinensis ihren Ursprung, und hier wurde sie erstmals kultiviert. Die Weiterverarbeitung konnte sich über Jahrhunderte perfektionieren, und um das Teetrinken entwickelte sich eine Teekultur.

Erste chinesische Aufzeichnungen zum Teeanbau und -konsum finden sich in der Han-Dynastie (200 v.Chr. – 220 n.Chr.). Die ersten schriftlichen Aufzeichnungen einer europäischen Begegnung mit Tee stammen von einem portugiesischen Reisenden und entstanden erst 1 ½ Jahrtausende später.

Kolonialismus

Ab dem 15. Jahrhundert besetzten europäische Großmächte Gebiete auf anderen Kontinenten. Zunächst waren es die Portugiesen und Spanier, dann zogen andere Staaten nach. Der Handel mit Gewürzen und Rohstoffen versprach Reichtum und Macht – so auch der Handel mit Tee.

Die Niederländische Ostindische Kompanie brachte 1610 den ersten Tee nach Europa, 1644 gelangten die ersten 100 Pfund Tee nach England. Auch wenn die Qualität des Tees durch die feuchte Seeluft und den muffigen Laderäumen eher minderwertig gewesen sein dürfte, traf der neue, “exotische” Geschmack des Getränkes den Geschmack des Adels. Nur durch neuen Import konnte der Durst nach Tee gestillt werden; Großbritannien wurde Zentrum des weltweiten Teehandels.

Die Europäer wollten auch im Anbau und der Weiterverarbeitung ihre Finger im Spiel haben, aber das Know-how lag im 17. Jahrhundert noch in chinesischer Hand; der Verkauf von Teepflanzen oder -samen war untersagt. Weil der Durst der Briten nach Tee so groß war, sie aber nicht in der Lage waren, für dieses geschätzte Gut zu bezahlen, kam es sogar zum Krieg:

Die Opiumkriege

China verkaufte Tee und Porzellan an Großbritannien, das Großbritannien mit Silber bezahlte. Um genug Silber zu haben, um Tee zu kaufen, verkaufte Großbritannien über die East India Company in Indien angebautes Opium an China, um sein Handelsdefizit auszugleichen. Der Verkauf von stark abhängig machendem Opium war in China jedoch illegal. Als ein chinesischer Beamter 1839 ein Lager mit 1.200 Tonnen geschmuggeltem Opium beschlagnahmte, ordnete er die Zerstörung an. Die Briten nutzten dies als Vorwand für einen Angriff und eine Kriegserklärung, die den ersten Opiumkrieg auslöste. Der Sieg im Opiumkrieg verschaffte britischen Händlern Zugang zu mehr Handelshäfen und Privilegien für ihre in China lebenden Bürger.

Tee wächst in den Kolonien 

1848 wurde Robert Fortune von der Ostindischen Kompanie nach China geschickt, mit dem Ziel, Teepflanzen zu beschaffen und die Monopolstellung der Chinesen damit zu brechen. In einem Zeitraum von 3 Jahren verschiffte Robert Fortune über 20.000 Stecklinge und Sämlinge von Teepflanzen nach Indien. Auf Ceylon (Sri Lanka) wurde mit den Pflanzen experimentiert und ein kommerzieller Anbau vorbereitet.

Tee wird zum Industrieprodukt

Dies war der Beginn des Teeplantagensystems in Assam und anderen Regionen Indiens, dann in Sri Lanka, Indonesien und schließlich im 20. Jahrhundert in Kenia, Tansania und Ruanda. Vorbilder waren die Zuckerplantagen in der Karibik und den Baumwollplantagen im amerikanischen Süden. Das brutale System der Entführung und Täuschung zur Rekrutierung von Arbeitskräften, der gewaltsamen Umsiedlung der Bevölkerung, um als Vertragsarbeiter auf den Teefeldern zu arbeiten, und des Einsatzes gewaltsamer Methoden zur Zwangsarbeit ähnelte in fast jeder Hinsicht der Sklaverei – außer im Namen. Und das nur, weil die Briten Gesetze erlassen haben, die ihren Handeln als „keine Sklaverei“ definierten.

Schritt für Schritt konnten die Briten die Verbraucher vom chinesischen Tee zu “britischem” Tee führen, durch den Aufbau eines Binnenmarkts im Kolonialreich der britischen Krone. Rassistische Kampagnen und das Schüren von Angst vor Fremden waren dafür probate Mittel. So wurden britische Industriemethoden den traditionellen chinesischen Methoden als überlegen dargestellt. 1884 schrieb Edward Money: „Indischer Tee wurde auf großen Plantagen unter der Aufsicht gebildeter Engländer angebaut und hergestellt. In China wurde Tee jedoch in der Nähe der Hütten der ärmeren Klassen produziert, gesammelt und auf unhöfliche Weise und ohne fachmännische Aufsicht hergestellt. Tee aus Hindustan wird heute ausschließlich maschinell hergestellt, in China jedoch von Hand. Letzteres ist kein sauberer Prozess, es ist ein sehr schmutziger Prozess.

Kolonialismus ist vorbei – alles ist besser?

Auch wenn Teeplantagen in Indien, Kenia oder Sri Lanka nicht mehr britisch sind, so wirkt das Kolonialsystem bis heute nach. Ein großer Teil der heutigen Top-Teeanbauregionen hat die Infrastruktur und Produktionsmittel geerbt, die im Rahmen dieses Kolonialsystems geschaffen wurden. Während die Teeindustrie in ehemaligen britischen Kolonien wie Indien, Sri Lanka, Kenia und Tansania technisch gesehen nicht mehr britisch ist, reproduzieren viele immer noch Wertesysteme der kolonialen Wirtschaft und Ungleichheiten. Anstatt dass die Produktion einem Kolonialstaat und einer imperialen Industrie dient, bedienen diese alten Lieferketten nun Schlüsselakteure im globalen Teehandel: in Europa ansässige multinationale Konzerne wie Unilever oder Associated British Foods (Twinings).

Wie kann man Tee dekolonisieren?

Dekolonisierung bedeutet nicht einfach, Kolonialsysteme zu übernehmen und sie durch Nicht-Europäer zu ersetzen. Wir müssen uns folgende Frage stellen: Wer profitiert vom Teeanbau und wer wird ausgebeutet?

Die Expertin für Teehandel und Teegeschichte Charlene Wang de Chen meint, dass  wir mit der Beantwortung dieser Frage beginnen, die Teeproduktion und den globalen Handelsmarkt tatsächlich zu dekolonisieren. Es geht darum, Machtsysteme zu untersuchen, die zur Auseinandersetzung mit der kolonialen Mentalität im Tee führen.

Eine der kolonialen Hinterlassenschaften des Teehandels ist die Kommerzialisierung von Tee, bei der der Wert des Teeblatts selbst in den Hintergrund gerückt ist und auf die Menschen entlang der Wertschöpfungskette vergessen wird.

“Durch die Wiederherstellung der Beziehung zwischen den Teeblättern in Ihrer Tasse und einem einzigen Ursprung können sich Ihre Geschmacksknospen wieder mit den Aromen des Terroirs verbinden. Es ist wahrscheinlich auch der einfachste erste Schritt, den Sie bei Ihren Bemühungen zur Dekolonisierung des Tees unternehmen können.”, so Charlene Wang de Chen. 
“Wenn Sie beginnen, eine geschmackliche Beziehung zur Teepflanze aufzubauen, können Sie beginnen, die Auswirkungen der Anbau-, Ernte-, Form-, Trocknungs- und Reifefähigkeiten des Produzenten zu schätzen. Dieses neu geschärfte Geschmacksbewusstsein für Tee trägt dazu bei, Annahmen darüber, was einen Tee wert und wertvoll macht, in Frage zu stellen.”

Schließlich besteht die ultimative Möglichkeit, Tee zu entkolonialisieren, darin, den Reichtum in der Teeindustrie weg von Marken, Händlern und Zwischenhändlern und zurück zur Quelle des Tees umzuverteilen.

Conflictfoods Schritte zur Dekolonisierung

Conflictfood handelt seit 2017 mit einer Tee-Kooperative im Shan-State in Myanmar.  Wir kennen die Kooperative von unseren Reisen in die Region persönlich. Wir bezahlen gerechte Preise, die den Menschen eine wirtschaftliche Perspektive ermöglicht. Gehandelt wird direkt und ohne Zwischenhändler. Die Gruppe von Bäuer*innen ist genossenschaftlich organisiert und nutzt einen Teil der Einnahmen für interne Weiterbildung in den Bereichen Buchhaltung, Handel und Qualitätsmanagement.

Der überwiegende Teil der Bäuer*innen gehört der ethnischen Minderheit der Ta’ang an, die für soziale Anerkennung und politische Teilhabe kämpfen. Der Handel mit Conflictfood ermöglicht den Bäuerinnen und Bauern ein faires und stabiles Einkommen. Die Identität der Ta’ang wird gestärkt – eine alte und fast verloren geglaubte Tradition des Tee-Anbaus bleibt erhalten.

Zwischen den Teepflanzen bauen die Frauen der Ta’ang zudem Ingwer an. Die Mischkultur aus Ingwer und Tee ist nicht nur eine Strategie zur Steigerung der Erträge. Diese gelungene Nachbarschaft sorgt zusätzlich für ein gesundes Wachstum beider Pflanzen und steigert die Qualität der Ernte. Krankheiten und Schädlinge haben es deutlich schwerer, sich zu verbreiten. So steigen Erträge und Umsatz – eine wahre Win-Win-Situation!

Auf Pestizide oder chemische Dünger wird vollkommen verzichtet. Der kontrolliert biologische Anbau der Tees und des Ingwers sorgt nicht nur für eine bekömmliche und gesunde Tasse in Europa, sondern auch für gesunde Arbeitsbedingungen in der Bäuer*innen und der Erntehelfer*innen.

Wir verstehen uns als Sprachrohr der Produzent*innen. Jedem Conflictfood-Tee liegt ein Journal bei, das über die Situation der Bäuer*innen informiert. Und darüber hinaus erfährst Du mehr über die Geschichte, Lebensfreude und Esskultur Myanmars. Auf jedem Tee-Päckchen findet sich ein QR-Code, der eine virtuelle Reise zum Ursprung des Tees ermöglicht. Regelmäßig tauschen wir uns mit der Tee-Kooperative aus über Ernte und Verarbeitung aber auch über dir politische Situation im Land und der Vision des Kollektivs. Bilder und Interviews veröffentlichen wir in unserem Newsletter und auf Instagram. 

Tee ist für uns keine Ware, die sich dem Markt unterwirft. Tee ist ein Kulturgut, das mit viel Wissen, Liebe zur Natur und oft schwerer körperlicher Arbeit entstanden ist. Aus Wertschätzung zum Produkt bieten wir es ungestreckt, nicht vermischt und ausschließlich lose,  also nicht im Teebeutel an. Nur das entspricht der Tradition des Ursprungs in Myanmar und China. Und nur so lässt sich der Tee auch mehrmals Aufgiessen. Ein ökonomischer und ökologischer Mehrwert von losem Qualitätstee!

Viel Freude beim Teegenuss!

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