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DIE TRAGÖDIE DER ROHINGYA – EIN INTERVIEW

Ein trauriger Rekord

Ethnische Spannungen prägen den Vielvölkerstaat Myanmar. Besonders traurig erscheint die fast rassistische Verachtung, die einer ganz bestimmten Volksgruppe entgegengebracht wird: Die Rohingya, eine Minderheit, die anders glaubt, anders betet und anders aussieht, als die buddhistische Mehrheit.

Ca. 1,2 Millionen Rohingya leben teilweise gefangen hinter Stacheldraht in Camps oder sind auf der Flucht. Die Vereinten Nationen sehen in den Rohingya die weltweit am stärksten verfolgte Minderheit. Ein trauriger Rekord, der sich durch das Entziehen der Staatsbürgerschaft 1982 aufbaute, 2015 in Massenfluchten mit Schiffen eskalierte und heute wieder dazu führt, dass Tausende getötet werden und Hunderttausende von ihnen auf der Flucht sind.

Der burmesischen Armee werden Morde, Brandschatzung und Massenvergewaltigungen vorgeworfen. Auch radikale buddhistische Mönche haben aus ihrer Religion eine aggressive und ultranationalistische Ideologie gemacht. In ihrer Vereinigung mit dem Namen Ma Ba Tha schüren sie den Hass auf die Rohingya und schrecken nicht vor Gewalt zurück.

Im Gespräch mit…

Kyaw Soe Aung ist selbst Rohingya und vertritt die Positionen seiner Volksgruppe in der Partei Democratic and Human Rights Party. In Yangon treffen wir ihn zu einem Gespräch.

Herr Kyaw, wie ist die Situation für Sie in Myanmar?

Als Rohingya leben wir staatenlos und sind in unserer Heimat nicht anerkannt. Wir bekommen keinen Ausweis oder Pass, eine Geburtenregelung  erlaubt uns nicht mehr als zwei Kinder zu bekommen. Unsere muslimischen Geburtsnamen dürfen wir auch nicht tragen. Wenn wir heiraten wollen, müssen wir um staatliche Erlaubnis bitten, auf diese warten wir oft viele Jahre. Legal ausreisen dürfen wir sowieso nicht. Sollte uns dies doch gelingen, dürfen wir nicht wieder zurück in die Heimat.
Die meisten Rohingya leben im Bundesstaat Rakhine. In der Hauptstadt Sittwe leben die meisten wie in einem Freiluftgefängnis, abgeriegelt in einem Ghetto. Oder in einem der vielen sogenannten IDP-Camps, also Lager für Binnengeflüchtete.

Wie ist die Situation in diesen Lagern?

Die Lage ist katastrophal! Die Menschen haben kaum Zugang zu Trinkwasser, viel zu wenig Nahrungsmittel, Zelte, Decken und fast keine sanitäre Anlagen. Es gibt keine Schulen, keine Ärzte, nichts. Viele Kinder leiden zum großen Teil unter Darm- sowie auch ansteckenden Hautkrankheiten. Die Kindersterblichkeit ist hoch, doppelt so viele schwangere Frauen sterben hier als in gesamt Myanmar. Die Behörden regulieren den Zugang für internationale NGOs sehr streng. Viele Hilfsorganisationen werden sogar aus der Region verwiesen. Unser Volk ist nicht sicher.

Gibt es Sicherheit in den Nachbarländern?

Zehntausende von uns fliehen regelmäßig mit Booten in Richtung Bangladesch, Thailand und Malaysia. Dafür gilt es zuerst die Polizei an der Küste zu bestechen, die Schmuggler zu bezahlen und eine lange und gefährliche Reise auf einem überfüllten Fischerboot zu überleben. In Thailand, Indonesien und Malaysia werden viele als Arbeitssklaven oder teilweise Sexarbeiterinnen verkauft. Als staatenlose Menschen sind wir besonders gefährdet, Opfer von Menschenhandel zu werden. Wir werden nirgendwo offiziell vermisst.

Wie kam es zur Staatenlosigkeit?

Im Jahr 1982 beschloss die Regierung, jenen Volksgruppen die Staatsbürgerschaft abzuerkennen, die nicht vor 1824 in Myanmar ansässig waren. Obwohl historische Belege den Nachweis liefern, dass wir Rohingya seit Jahrhunderten Teil des Landes und der Gesellschaft sind, wurde uns die Staatsbürgerschaft entzogen. Es gibt zwar mindere Bürgerschaftsgrade und diese sind uns theoretisch zugänglich. In der Praxis allerdings wird der Zugang durch schikanöse Bestimmungen blockiert und de facto unmöglich gemacht. Daher die Staatenlosigkeit. Wir sind der Willkür von Polizei, Militär und Behörden weitgehend schutzlos ausgeliefert.

Was wünschen Sie sich für die Zukunft?

Ich wünsche mir Frieden zwischen den Religionen und den hier lebenden Völkern. Doch leider ist die Situation soweit eskaliert, das es ohne den Druck der internationalen Gemeinschaft schwer wird, die rechtliche Situation der Rohingya  aber auch anderer Minderheiten zu verbessern. Die Welt muss auf die Regierung von Myanmar Druck ausüben. Wir haben große Hoffnungen auf Aung San Suu Kyi gesetzt aber sie ist zu schwach gegenüber den Militärs und den radikalen Buddhisten-Gruppen im Land. Eine Blauhelm-Mission wäre ein erster wichtiger Schritt, um unserem Volk eine sichere Zukunft zu ermöglichen.
Und den NGOs muss wieder uneingeschränkter Zugang in die Geflüchteten-Camps gewährt werden, sodass die humanitäre Katastrophe endlich ein Ende hat.

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