Klimawandel in Ostafrika

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Die Klimakrise trifft Ostafrika besonders hart

In einem kleinen Dorf nahe der Hafenstadt Quelimane hört man lautes Hämmern. Eine Gruppe von Frauen kommt zielstrebig des Weges, jede von ihnen balanciert einen schweren Baumstamm auf dem Kopf. Die Schule wird wieder aufgebaut, alle helfen mit. Hier an der Küste Ostafrikas ist der Klimawandel keine mathematische Berechnung oder abstrakte Schlagzeile. Hier ist er eine allgegenwärtige Realität, die das Leben der Menschen von Grund auf verändert – und die Katastrophen tragen Namen wie Idai, Kenneth oder Freddy.

Im Februar 2023 traf Zyklon Freddy die Region um Quelimane besonders hart und brachte den heftigsten Tropensturm, den die Region je erlebt hat. Wochenlang wütete der Sturm, tötete über tausend Menschen und zerstörte Häuser, Felder und ganze Existenzen. Dabei sind Tropenstürme an den Küsten Ostafrikas nichts Neues, doch durch die fortschreitende Erderwärmung werden sie immer häufiger – und immer verheerender. Was heute in Mosambik sichtbar ist, steht symbolisch für das, was viele andere Regionen der Welt in Zukunft erwartet.

Wenn nach dem Sturm die Probleme erst richtig losgehen

Für die Menschen in Ostafrika und speziell in Mosambik hat der Klimawandel längst ein Gesicht. Durch die globale Erwärmung wird das Wetter extremer, unberechenbarer und zerstörerischer. Zyklone wie Freddy richten nicht nur unmittelbare Schäden an, sondern hinterlassen langfristige Folgen. Nach einem solchen Sturm bleibt nicht nur eine zerstörte Infrastruktur zurück – die eigentlichen Probleme beginnen oft erst, wenn sich der Sturm gelegt hat. Nach den Stürmen bleibt das Trinkwasser vielerorts verunreinigt. Abwasser und Schlamm fließen in die Wasserquellen und machen sie ungenießbar.

Cholera, eine Krankheit, die durch verseuchtes Wasser übertragen wird, breitet sich schnell aus und fordert in der Folge oft mehr Todesopfer als der Sturm selbst. Zusätzlich breiten sich in den stehenden, feuchten Pfützen Moskitos explosionsartig aus und tragen Malaria – eine weitere Bedrohung, die in den warmen, feuchten Bedingungen nach einem Zyklon noch gefährlicher wird. Die ohnehin spärliche medizinische Versorgung wird durch zerstörte Krankenhäuser und fehlende Zugangswege zusätzlich erschwert. Für viele Menschen sind lebenswichtige Medikamente und sauberes Wasser schlicht nicht erreichbar.

Mosambiks Beitrag zur Klimakrise ist gering, aber die Folgen sind verheerend

Länder des globalen Südens, wie Mosambik, tragen am wenigsten zur Erderwärmung bei, doch sie leiden am stärksten unter den Folgen. Mosambik stößt nur einen Bruchteil der Treibhausgase aus, die Industrieländer wie die USA oder Europa verursachen. Dennoch trägt das Land die Last der immer extremer werdenden Wetterereignisse. Tropenstürme zerstören die Lebensgrundlage von Millionen Menschen, insbesondere in ländlichen Regionen, wo die Bevölkerung auf Landwirtschaft und Fischerei angewiesen ist. Wenn Felder überflutet werden und Ernten vernichtet sind, bleibt den Menschen oft nichts, um ihre Familien zu ernähren. Die wirtschaftlichen Schäden sind verheerend, und es fehlt an Mitteln, um sich auf zukünftige Stürme vorzubereiten oder die Infrastruktur zu verbessern.

Auch die Küstenregionen sind durch den steigenden Meeresspiegel gefährdet. Küstenerosion und Überschwemmungen bedrohen die Dörfer und Städte, und viele Menschen müssen ihre Heimat verlassen, weil das Land unbewohnbar wird. In einem Land, das ohnehin unter Armut leidet, ist der Klimawandel eine zusätzliche Belastung, die die ohnehin knappen Ressourcen weiter erschöpft. Für die Menschen in Mosambik ist der Klimawandel kein Problem der Zukunft – er ist eine tägliche Bedrohung, die ihre Existenz gefährdet.

Nach dem Sturm beginnt der Überlebenskampf

Die Herausforderung, die der Klimawandel für Ostafrika und Mosambik darstellt, ist nicht nur die akute Zerstörung durch extreme Wetterereignisse, sondern die langanhaltenden Folgen. Der Zyklon Freddy war einer der stärksten Stürme, die jemals gemessen wurden, aber er wird nicht der letzte sein. Mit jedem Sturm wird es schwieriger, das Leben wieder aufzubauen. Menschen verlieren nicht nur ihr Zuhause, sondern auch ihre Lebensgrundlage. Häuser, die mit viel Mühe und knappen Ressourcen wieder aufgebaut werden, stehen bereits dem nächsten Sturm gegenüber. 

Internationale Hilfe erreicht die betroffenen Regionen oft zu spät oder nur unzureichend. Der Wiederaufbau geht schleppend voran, und in der Zwischenzeit kämpfen die Menschen mit Hunger, Krankheiten und fehlender medizinischer Versorgung. Die Gemeinden sind gezwungen, sich selbst zu organisieren, wie im kleinen Dorf bei Quelimane, wo Frauen und Männer zusammenarbeiten, um die Schule wiederaufzubauen. Doch trotz des unermüdlichen Einsatzes der Bevölkerung sind die Folgen der Klimakrise eine immense Herausforderung, die sie ohne globale Unterstützung kaum bewältigen können. 

Der Klimawandel zeigt in Mosambik und Ostafrika bereits jetzt, was vielen Teilen der Welt noch bevorsteht: eine Zukunft, in der extreme Wetterereignisse immer häufiger und zerstörerischer werden und die ärmsten Menschen der Welt am stärksten darunter leiden.

Flor de Sal – Abhängig von den Kräften der Natur

Auch die Produktion von Flor de Sal in Mosambik ist eng mit den Launen der Natur verbunden. Das edle Salz entsteht in einem aufwändigen Prozess, bei dem sauberes Meerwasser in flachen Becken verdunstet. Doch dieser Vorgang ist stark abhängig von stabilen Wetterbedingungen. Heiße Winde, trockene Hitze und ruhige Gezeiten sind unerlässlich, damit die zarten Salzkristalle an der Wasseroberfläche „erblühen“ können. Zyklone, unregelmäßige Regenfälle und extremere Wetterereignisse bedrohen diese fragile Balance. Eine zu feuchte Regenzeit oder unerwartete Stürme können die Ernte gefährden und das Einkommen der Salzbäuer*innen zerstören. 

Mit jeder Wasserflut bricht die Produktionsmenge ein, die Produzent*innen müssen die Einnahmen für die Reparatur der Becken und Lagerhäuser verwendet werden. Auch zu wenig Niederschlag wirkt sich auf die Produktion aus. Der Klimawandel hat somit auch direkte Auswirkungen auf die Produktion von Flor de Sal und gefährdet langfristig die Lebensgrundlage der Menschen, die seit Generationen mit den natürlichen Rhythmen des Ozeans arbeiten.

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Unser neues Partnerland: Mosambik

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Mosambik – ein Paradies voller Widersprüche

Faszinierende, schier endlose Steppenlandschaften, Trocken- und Regenwälder, der riesige Malawisee, Flüsse und andere Gewässer, eine 2.800 km lange Küste am blau-türkisen Indischen Ozean mit weißen Stränden und Palmen – wer Mosambik besucht, kann sich an der Schönheit der Natur nicht sattsehen. Im Gorongosa-Nationalpark trifft man neben Elefanten, Löwen und Antilopen auch auf seltene Tiere wie das kräftig gestreifte Crawshay’s Zebra oder das winzige Pygmäen-Chamäleon, die ausschließlich dort beheimatet sind. Wer tiefer blickt, entdeckt im Paradies jedoch auch die Pein seiner Geschichte.

Fast 500 Jahre lang war Mosambik eine portugiesische Kolonie. Ende des 15. Jahrhunderts „entdeckte“ der portugiesische Seefahrer Vasco da Gama das Land als ideale Zwischenstation vor der Überfahrt nach Indien. Goldvorkommen lockten die portugiesischen Eroberer den Sambesi-Fluss entlang ins Landesinnere, die Handelsplätze entlang der Küste sicherten ihnen Einkünfte vorwiegend durch Sklavenhandel. Um 1800 war Mosambik zu einem Zentrum für weltweiten Sklavenhandel geworden. Hunderttausende Menschen wurden verkauft und nach Amerika verschickt. Mindestens bis in die 1870er Jahre brachte keine andere Form des Handels so viel Gewinn ein.

1975 erkämpfte die Befreiungsbewegung FRELIMO die Unabhängigkeit des Landes und erhob sich zur kommunistischen Staatspartei. Gegen dieses Regime kämpfte die Rebellenbewegung RENAMO in einem 16 Jahre dauernden Bürgerkrieg,1. Mio. Menschen starben.

Eine junge Bevölkerung und ihr koloniales Erbe

Obwohl der physische Gewaltkonflikt im Jahr 1992 endete, sind die Auswirkungen nach wie vor zu spüren: Mosambik ist heute noch eines der ärmsten Länder der Welt. Die Mehrheit der Bevölkerung lebt von der Hand in den Mund, eine Elite bereichert sich durch Korruption, Drogenhandel und illegale Geschäfte. Hoffnung auf Veränderung liegt in der Luft. Nicht nur, weil die Menschen jung sind – das Durchschnittsalter liegt bei knapp 17 Jahren. Es wurde auch ein gigantisch großes Gasvorkommen an der Küste des Landes gefunden. Werden die Gewinne der Bevölkerung zugutekommen? Oder wird die soziale Schere nur noch weiter auseinanderklaffen?

 

Salzblumen lassen die Wirtschaft erblühen

Im Norden Mosambiks haben sich etwa 3.000 Salzbäuer*innen in einer Kooperative zusammengeschlossen. Durch den Austausch von Wissen und die Optimierung ihrer Produktionsmethoden verbessern sie die Qualität ihres Salzes und stärken ihre ökonomische Position in einem der ärmsten Länder der Welt. Mit Unterstützung von Conflictfood können sie ihre Handelsbedingungen selbst bestimmen und durch die Einnahmen erstmals Steuern zahlen. Diese Kooperation markiert den Beginn einer neuen Ära für die Flor de Sal-Produzent*innen, geprägt von Stolz und Selbstbestimmtheit.

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Dumpingpreise versus Fairer Handel

Jeder Mensch sollte  in der Lage sein ein gutes Leben von seinem erarbeiteten Lohn zu führen. Tatsache ist jedoch, dass die Löhne besonders für Erzeuger*innen im Globalen Süden häufig nicht einmal mehr die Produktionskosten decken. Dazu kommen schlechte Arbeitsbedingungen bis hin zu Menschenrechtsverletzungen, die das Leben der Arbeiter*innen erschwert. Konkret kann das den freien Fall unter die Grenze des Existenzminimums und schwere gesundheitliche Schäden bedeuten.

Dennoch fahren globale Unternehmen exorbitante Gewinne ein. Allein durch ihre Position am Verhandlungstisch haben sie die Möglichkeit die Preise festzulegen. Bäuerinnen und Bauern haben häufig keine andere Wahl als ihr Agrarprodukt unter dem Wert zu verkaufen. Mit derartigen Dumpingpreisen wird der Ruf nach Gerechtigkeit in der gesamten Lieferkette immer noch ignoriert. 

Seit einem halben Jahrhundert aktiv

 

Seit nunmehr 50 Jahren gibt es konstante und wichtige Gegenposition zu dieser Spirale aus Gier und Ausbeutung – die Weltladen Bewegung. 

Anfang der 1970er Jahre begannen junge Menschen weltweit gegen die wachsende Ungerechtigkeit im Welthandel zu protestieren, mehr als 30.000 nahmen in Deutschland an sogenannten Hungermärschen teil. Die “Aktion Dritte Welt Handel” entstand und im Jahr 1973 eröffnete der erste “Dritte Welt Laden” in Stuttgart. Schnell wuchs die Bewegung an; heute engagieren sich deutschlandweit etwa 100.000 Menschen in über 900 Weltläden!
Von ihrem eigentlichen Ziel, sich selbst überflüssig zu machen, sind sie weit entfernt, denn der Bedarf nach mehr Gerechtigkeit weltweit scheint größer als je zuvor.



Gemeinsam für globale Gerechtigkeit

 

Um die Vision einer gerechten Wirtschaft umzusetzen, erwartet der Weltladen Dachverband von seinen Mitgliedern und Lieferanten heute die Umsetzung strenger Kriterien. Dazu gehört der faire Handel mit Handelspartnern, in dem der Austausch ohne Umwege und zu gerechten Preisen geschieht. Im Vordergrund stehen die Arbeitsbedingungen der Menschen, die sich der internationalen Konvention für Arbeit fügt und unter anderem Diskriminierung, Kinder- und Zwangsarbeit verbietet.  Alle Arbeits- und Lieferprozesse müssen im Zuge eines kostenpflichtigen Prüfverfahrens offen dargelegt werden. 

Ebenso wie für den Weltladen Dachverband stehen die Arbeitsbedingungen unserer Handelspartner*innen an erster Stelle für uns. Daher halten wir ununterbrochen Kontakt zu unserem Lieferant*innen und überprüfen die Situation vor Ort regelmäßig selbst. Durch diesen direkten Handel sind wir ebenso in der Lage für faire Löhne zu sorgen, denn wir legen diese nicht fest. Unsere Erzeuger*innen wissen selbst am besten, wie die Preise ihrer Produkte gestaltet werden sollte, um die Kosten und den Lohn zu decken. Sie bestimmen den Wert ihrer Produkte selbst! Um ein Bewusstsein für diesen fairen Handel zu schaffen, stehen wir auch für absolute Transparenz ein. Ein Beispiel: Auf jeder unserer Packungen findest du einen QR-Code, der dich punktgenau zum Ort des Anbaus führt sowie den Weg und die Hintergründe des Produkts für dich erlebbar macht.

Auch wir haben uns der aufwendigen, mehrmonatigen Prüfung beim Weltladen Dachverband gestellt und erfolgreich abgeschlossen: Conflictfood ist als anerkannter Lieferant der deutschen Weltläden! Wir sind mächtig stolz, Teil dieser starken Bewegung zu sein! Vielleicht gibt es das eine oder andere Friedenspäckchen auch im Weltladen in deiner Stadt. Schau mal nach!

 

INTERVIEW

Weltladen Dachverband mit Salem El-Mogaddedi und Gernot Würtenberger / Conflictfood

Weltladen:
Was sind eure Erfahrungen mit Preis- und Kostendruck? Wie gelingt es euch trotzdem
fair zu handeln?

Salem El-Mogaddedi:
Der Preisdruck ist für uns und unsere Partner*innen immer spürbar. Er ist allgegenwärtig.  Aber wir lassen uns davon nicht beeindrucken, denn wir üben keinen Druck auf unsere Handelspartner*innen aus. Sie legen den Preis für ihre Erzeugnisse selbst fest und sind in der Lage eine Kalkulation aufzustellen, die sie für fair halten und mit der sie ihre Kosten und ihren Lebensunterhalt decken können. Wir bieten unseren Handelspartner*innen  die Sicherheit, die Ware zu Preisen abzunehmen, die an anderer Stelle nicht konkurrenzfähig wären. Das machen wir nicht aus Wohltätigkeit, denn wir sind uns sicher, die Qualität der Ware, und die Arbeit, die in ihr steckt, ist es wert. Daher wollen wir auch nicht, dass unsere Produkte aus Mitleid gekauft werden, sondern für die hohe Qualität (und die Solidarität), die sie bieten. 

Weltladen:
Was ist deine Einschätzung: Warum gibt es überhaupt Preise unterhalb der Produktionskosten? Was sind die Erfahrungen eurer Handelspartner damit?

Gernot Würtenberger:
Wie schon erwähnt ist der Preisdruck immer da. Aufgrund der großen Konkurrenz auf dem Markt muss jedes Unternehmen knallhart kalkulieren, wodurch versucht wird sich gegenseitig im Preis zu unterbieten. Vor allem in Krisenzeiten, in denen wir alle Unterstützung brauchen, geht  der Griff in das Supermarktregal letztlich zum günstigeren Angebot. Damit der Verkaufspreis so günstig sein kann, und auch für den Verkäufer ein Gewinn abfällt, müssen die Einkaufspreise noch niedriger ausfallen. Trotz dieser knappen Kalkulation versuchen große Lebensmittelkonzerne, wie Nestlé, Coca Cola und Co., ihre Gewinnmarge zu maximieren und ignorieren, dass viele Erzeuger*innen durch ihre Gier unter das Existenzminimum fallen. Der Wohlstand großer Lebensmittelkonzern –  und damit unsere günstigen Preise – sind nicht verdient, sondern der Existenz anderer entrissen. 

Weltladen:
Wie laufen Preisverhandlungen innerhalb eurer Handelspartnerschaften ab? Wie
entstehen Preise bei euch?

Salem El-Mogaddedi :
Jede Partnerschaft ist individuell, jedes gehandelte Produkt hat andere Regeln. 

Zwei Beispiele: Wenn uns Frau BuSaw aus Shan State/ Myanmar ihre jährliche Kaffeeernte verkauft, kennt sie den Wert ihrer Ware. Sie ist Unternehmerin, orientiert sich am Preis für fairen Specialty Coffee. Sie kalkuliert einen Mehrpreis ein, der ihrem Team in dieser umkämpften Region Sicherheit ermöglicht und plant Investitionen für die nächste Ernte mit ein. Von uns gibt es darauf einen Handschlag und wir zahlen diesen Preis.

Der Handel mit dem Frauenkollektiv in Afghanistan ist etwas komplexer. Die Gemeinschaft besteht aus vielen Familien, manche ernten Safran im Vollerwerb, einige nebenbei. Schon früh im Jahr gehen wir in den Austausch und besprechen den jährlichen Bedarf. Nicht nur die politische Situation, auch Klima und Versorgungslage ändern sich in Afghanistan und sind extremen Schwankungen unterworfen. Seit letztem Jahr begleitet uns die Britische NGO Hand in Hand beim Aufbau von effizienteren und für die Frauen noch lukrativeren Arbeitsabläufen. Gleichzeitig stellen wir mit ihnen auf zertifiziert ökologischen Landbau. Bald gibt es also den ersten afghanischen Bio-Safran. Um den Frauen Planungssicherheit in diesen unruhigen Zeiten zu geben, zahlen wir den Preis für Bio-Safran schon seit einigen Jahren, das entspricht über  ⅓ mehr als dem Handelspreis vor Ort. Diese Sicherheit und Regelmäßigkeit wird geschätzt und wird uns als hilfreich zurück kommuniziert. 

Weltladen:
Welche Rolle spielen existenzsichernde Einkommen in euren Handelsbeziehungen und
in eurer Preisbildung?

Gernot Würtenberger:
Wenn wir von Existenzsicherung, sprechen wir von der Erhaltung des physischen und soziokulturellen Existenzminimums. Das Leben sollte aber mehr sein. Existenzsichernde Einkommen sind in unseren Handelsbeziehungen also das Minimum. Unser Ziel ist die wirtschaftliche Unabhängigkeit unserer Handelspartner. Nur so sind sie in der Lage selbstbestimmt ihr Leben zu führen und die Gesellschaft und das Land mitzugestalten. Besonders marginalisierte Minderheiten sind darauf angewiesen, um ihre Kultur zu erhalten und zukunftsfähige Perspektiven nach ihren eigenen Vorstellungen zu schaffen. 

Daher soll unser Handel auch ein Leben ermöglichen, in dem es mehr als nur ein Existenzminimum zu erfahren gibt. Alleine können wir das nicht schaffen, aber als ein Abnehmer von Vielen ist es möglich! Conflictfood ist zwar in der Regel der einzige Handelspartner in Europa, doch unsere Handelspartner:innen vertreiben ihre Waren bereits regional und überregional. Der Safran wird beispielsweise am lokalen Markt in Herat verkauft. Die gelben Enden der Safranfäden, die hier keine Verwendung haben, werden z.B. nach Indien für das Färben von Süßspeisen verkauft.

Weltladen:
Wie geht ihr – im Vergleich zum konventionellen Handel – mit den Herausforderungen der Corona-Pandemie um? Welchen Unterschied macht dies für eure Handelspartner?

Salem El-Mogaddedi :
Wie der Rest der Welt wurden auch wir nicht durch die Corona-Pandemie verschont. Auch wir hatten mit den verschiedensten Problemen zu kämpfen. Die Corona-Pandemie richtete ein Brennglas auf die soziale Ungleichheit in in der Weltwirtschaft und verschärfte bestehende Probleme. Unsere Arbeit und Sozialunternehmertum generell ist also wichtiger denn je! 

Hinzu kommen andere Krisen, die diesen Effekt verschärfen. Die erneute Machtübernahme der Taliban in Afghanistan und der andauernde Bürgerkrieg in Myanmar erschweren die Arbeit unserer Partner*innen vor Ort und drohen das Erreichte zu zerstören. Kleine Unternehmen wie wir haben keine Rücklagen gebildet und könne längere Durststrecken nicht so einfach durchtauchen wir große Strukturen das können. Der faire Warenankauf bleibt aber ein wichtiger Eckpfeiler unserer Strategie und trotz der aktuellen Herausforderungen werden wir in den nächsten Wochen neue Kooperationen mit Unternehmen in Südostasien und Ostafrika einfädeln. Es gibt also bald neue Köstlichkeiten im Conflictfood-Sortiment!

Weltladen:
Wie könnten sich eure Handelspartnerschaften in der Zukunft weiter entwickeln?

Gernot Würtenberger:
Wir werden unsere Transparenz ausbauen und versuchen andere Unternehmen zu inspirieren sich diesem Thema zu widmen. Wenn wir damit Erfolg haben helfen wir auch gerne bei der Kontaktsuche, denn unsere Handelsbeziehungen sind nie exklusiv – ganz im Gegenteil. Wir vermitteln Kontakte gerne an befreundete Unternehmen weiter, wenn wir wissen, dass die Handelspartner wachsen wollen. Eine gute Vernetzung zu anderen Sozialunternehmen ist eben besonders wichtig. 

Wir werden auch unseren Wirkungskreis, ausgeglichen auf alle Partner*innen, weiter ausbauen um die Bedeutung unserer Arbeit mit so vielen Menschen wie möglich zu teilen. 

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Myanmar zwei Jahre nach dem Militärputsch – Ein Lagebericht

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Abbildung:  Proteste in Mayanmar, Quelle UN Human rights 

Mehr als eine Million Flüchtlinge, zerstörte Infrastruktur und Todesurteile gegen Oppositionelle. Laut der UN zeigt sich die Militärführung des Landes zu keinem Dialog bereit. Zwei Jahre nach dem Militärputsch spitzt sich die humanitäre Lage in Myanmar weiter zu. Seit dem Umsturz am 1. Februar 2021 versinkt das Land in Chaos und Gewalt.

So geht die Militärjunta zunehmend brutal gegen die Proteste vor. Die Bevölkerung ist laut dem UN-Menschenrechtsbüro militärischen Angriffen, außergerichtlichen Hinrichtungen und der Zerstörung ihrer Dörfer ausgesetzt. In den vergangenen zwei Jahren sind fast 3000 Menschen von den Militärs getötet und mehr als 16 000 festgenommen worden.
Die UN beklagt insbesondere die Folgen bewaffneter Kämpfe für die Zivilbevölkerung sowie Zugangsbeschränkungen und Drohungen gegen Beschäftigte von Hilfsorganisationen. Zudem sei die zivile Infrastruktur zerstört worden, darunter Zehntausende Häuser, Klöster, Kirchen und Schulen.

Mittlerweile gibt es mehr als 1,4 Millionen Binnengeflüchtete und circa 50.000 Menschen mussten in die Nachbarländer fliehen. Tausende Einzelschicksale – und eines davon geht uns besonders nahe:

Unsere Kaffee-Produzentin auf der Flucht

Frau Bu Saw, Sozialunternehmerin und Geschäftsführerin der Jadae Akha Group – Conflictfoods langjährige Partnerin und Lieferantin des Jadae Kaffee – musste vor der Gewalt des Militärregimes aus Myanmar fliehen und konnte in einem Nachbarland Schutz finden.

In einem Interview erzählt sie uns, warum sie geflohen ist und gibt uns ihre Sicht auf die aktuelle Situation in Myanmar.

31.01.2023

Happy Chinenese New Year, Busaw, wir geht es dir? 

Happy Chinese New Year! Danke, mir geht es den Umständen entsprechend gut. Mein Partner und ich haben einen sicheren Ort in einem benachbarten Land gefunden. Ich lenke nun von der Ferne aus die Schritte der Firma.

Wie geht es deinem Team auf der Kaffeefarm?

Das Team kommt irgendwie über die Runden. Derzeit können wir einen Teil der Ernte an lokale Röstereien verkaufen – weit unter dem Marktwert. Aber andere Optionen sehe ich derzeit keine. Für den Export nach Europa ist der bürokratische Aufwand seit letztem Jahr unüberschaubar geworden. Mit unserem Team diskutieren wir, ob wir eventuell eine Produktionspause einlegen. 

Warum ist die Kaffeeproduktion derzeit so schwierig?

Die Zukunft des Kaffee Sektors ist total ungewiss und hängt von der politischen Lage des Landes ab.
Wir können derzeit überhaupt nicht voraus planen. Die Ernte kann nur bei guter Sicherheitslage erfolgen. Die frische Ernte muss in der nächstgrößeren Stadt rasch weiterverarbeitet werden, dort ist die Lage aber ganz besonders unsicher. Auch in den entlegenen Dörfern ist das Militär präsent. Ganz ehrlich – für unser Team ist es eine enorme Herausforderung, seit der Pandemie und seit dem Umsturz ein Geschäft zu führen. 

Ist die Lage im ganzen Land so angespannt?

Ja, allen geht es so! Im ganzen Land ist die Arbeitslosigkeit extrem hoch, viele Firmen und Fabriken sind bereits geschlossen. Die Inflation sorgt dafür, dass viele sich Lebensmittel nicht mehr leisten können. Es fällt uns schwer, in dieser Situation eine Perspektive für die Zukunft zu erkennen. Immer mehr Menschen suchen die Möglichkeit, aus dem Land zu kommen und eine bessere Zukunft zu finden.

Danke, BuSaw, für das Gespräch!

Danke für eure unermüdliche Unterstützung!

Den Dank von BuSaw geben wir gerne an unser Kund*innen weiter!

Wie geht es weiter?

Wir wissen nicht, wie lange wir der Jadae Kaffee in unserem Sortiment weiter führen können. Bu Saws Geschichte zeigt uns, das Konsum sein Grenzen hat und das kann viele Gründe haben. Nicht alles ist immer und zu jederzeit verfügbar. Wir müssen inne halten und uns stets die Frage stellen, welche Auswirkungen hat meine Kaufentscheidung auf mich, meine Mitmenschen und die Umwelt!? Der ungezügelte Wachstum stösst an seine Grenzen. Um so mehr sollten wir uns an ethischen Kriterien beim Einkauf orientieren und schauen, woher kommen meine Produkte und wie geht es den Menschen vor Ort.

Wir bleiben im Austausch mit Bu Saw und hoffen auf eine positive Wende in ihrem Heimatland.

Weitere Produkte aus Myanmar

Ivan Chai – ein wunderbarer Tee aus einer wunderbaren Pflanze

Wir sind von unserer Reise durch die Ukraine zurückgekehrt und haben eine ganz besondere Köstlichkeit mitgebracht – den vollmundigen Kräutertee Ivan Chai. Die Grundlage für diesen Tee bildet nicht etwa die Teepflanze Cameilla Sinensis sondern ein rosa blühendes botanisches Wunder – das Weidenröschen. 

Darf ich vorstellen: Ivan Chai! 

Wir von Conflictfood handeln seit dem Herbst 2022 mit Bio-bäuer*innen in den ukrainischen Karpaten. Fair und direkt. Das stärkt die lokale Wirtschaft und ihre Identität – in Krisenzeiten ist das ein hohes Gut. 

Wir besuchten das kleine Dorf Izky, in Transkarpatien, dort leben die Menschen im Einklang mit der Natur. Das Wissen um die Heilkraft von Pflanzen wird den nachkommenden Generationen weitergegeben – auch das Wissen über das Epilobium angustifolium – dem Weidenröschen. 

Das schmalblättrige Weidenröschen ist eine Heilpflanze, deren ursprüngliche Heimat in Nordamerika liegt. Es dürfte sich über die frühere Landbrücke zwischen Alaska und Sibirien weiter auf der nördlichen Halbkugel verbreitet haben.

Lasst uns Weidenröschen pflücken…

Im Sommer werden ihre Blätter von der Dorfgemeinschaft gepflückt, in der Bio-Manufaktur Molfar fermentiert und danach getrocknet. So wird aus dem Weidenröschen unser Ivan Chai. Seine aromatische und mild-herbe Note erinnert an Schwarztee, sein Duft an warmen Honig. Ivan Chai ist frei von Koffein, wirkt beruhigend und sorgt für Ausgeglichenheit und Wohlbefinden. Das macht ihn zum idealen Getränk für entspannte Abende. 


Die Pflanzen sind enorm anpassungsfähig und siedeln sich auf karge Flächen, frisch gerodeten Wäldern, aber auch auf Schutt, Trümmerfeldern und sogar in Bombenkratern als eine der ersten Pflanzen an. Im Zweiten Weltkrieg hauchte das Weidenröschen den ausgebombten deutschen Städten als erste wieder Leben ein. Ihre Wurzeln graben sich tief in den Boden, bringen Nährstoffe ein und schützen ihn vor Erosion. 

Lasst uns auch den Namen zerpflücken…

Der Gattungsname Epilobium setzt sich aus drei griechischen Wörtern zusammen: ‚epi‘ (= auf), ‚lobos‘ (= Schote) und ‚ion‘ (= Veilchen). Daraus wird „Veilchen auf der Schote“; tatsächlich ähneln die auf dem schotenförmigen Fruchtknoten sitzenden Blüten dem Veilchen. Aangustifolium verweist auf die Form der Blätter (lat. ‚angustus‘ = schmal, ‚folium‘ = Blatt).

Der deutsche Namen „Weidenröschen“ macht deutlich, dass die Blätter denen der Weide (Salix) ähneln; die Blüten haben zwar keine Ähnlichkeit mit der Rose, aber bei rotblühenden Blumen kommt die Farbe im deutschen Name häufig als „Rose“ oder „Röschen“ zum Ausdruck.

Das Schmalblättrige Weidenröschen kann bis zu 2 m hoch werden, der Stängel ist allenfalls im oberen Teil verzweigt. Die purpurroten Blüten mit ihren vier 15 mm langen Blütenblättern stehen in verlängerten Trauben oberhalb der Blattregion und blühen von unten nach oben auf. Die Frucht ist eine bis 3 cm lange Kapselfrucht. Blütezeit des Weidenröschens ist Juli bis spät in den September, wenn die meisten Pflanzen schon längst Samen und Früchte gebildet haben. Im Spätsommer ist das Weidenröschen der ideale Energielieferant im Spätsommer für Insekten. Bienen und Schmetterlinge lieben den intensiven Nektar der rosafarbenen Blüten. 

So schmeckt die Ukraine!

Unser handverlesener Kräutertee stammt aus biologisch zertifizierter Wildsammlung aus der Region der ukrainischen Karpaten

Seine aromatische und mild-herbe Note erinnert an Schwarztee, sein Duft an warmen Honig. Ivan Chai ist frei von Koffein, wirkt beruhigend und sorgt für Ausgeglichenheit und Wohlbefinden. Das macht ihn zum idealen Getränk für entspannte Abende. 

Probiere den Ivan Chai gleich mal aus!

Die Geschichte Kambodschas – Schreckensherrschaft der Khmer Rouge

Im ersten Teil unseres Rückblicks hast du von Kambodschas Entwicklung vom mächtigen Khmer Reich bis hin zum Nebenschauplatz des Vietnam Krieges erfahren.

Die Schreckensherrschaft der Khmer Rouge

Die Khmer Rouge errichteten eine der grausamsten Schreckensherrschaften des 20. Jahrhunderts. An der Spitze des Terrorapparates stand der unter dem nom-de-guerre bekannt gewordene Pol Pot, auch “großer Bruder” genannt. Er beherrschte das “Gefängnis ohne Wände” für drei Jahre.

Die genauen Todeszahlen sind bis heute unbekannt, weiterhin werden neue Massengräber entdeckt. Wahrscheinlich verloren zwischen 1,7 und 2,2 Millionen Menschen durch die Khmer Rouge ihr Leben –  etwa ein Viertel der damaligen Bevölkerung.

Unter ihnen waren viele ethnische Minderheiten, Intellektuelle, Mönche und andere Geistliche, Künstler*innen, Ausländer*innen sowie Beamte der alten Regierung. Sie alle wurden zu Klassenfeinden erklärt und sofort ermordet oder verhaftet und in Folter- und Verhörzentren inhaftiert. Das Sicherheitsgefängnis 21 in Phnom Penh ist das wohl berüchtigste dieser Folterzentren: Von den ca. 20,000 Insass*innen überlebten genau 7.

Doch auch andere Bevölkerungsgruppen wurde von den Khmer Rouge nicht verschont. Sie wollten Kambodscha in Anlehnung an vergangene Blütezeiten zu einer agrarischen Gesellschaft umbauen. Die Stadtbevölkerung als “Klassenfeind” wurde in langen Gewaltmärschen auf das Land zwangsumgesiedelt. Zehntausende verloren bei diesen teilweise wochenlangen Märschen ihr Leben. Zurück blieben Geisterstädte: Phnom Penh wurde innerhalb weniger Tage nach der Machtübernahme der Khmer Rouge von einer 2 Millionen zu einer 20,000 Einwohner-Stadt.

Unter strengster Überwachung mussten die Menschen auf den Feldern zu arbeiten, ein 12-Stunden Tag war dabei keine Ausnahme. Viele starben an Unterernährung, Überarbeitung und Krankheit. Wer sich wehrte, wurde sofort getötet. Im “neuen Zeitalter”, das die Khmer Rouge mit ihrer Machtübernahme ausriefen, blieb kein Platz für Individualität. Alle trugen schwarze Einheitskleidung, auch reden während der Arbeit war verboten.

Geld und Privatbesitz wurden abgeschafft, Bücher verbrannt und Tempel, Pagoden sowie Schulen, Betriebe und Krankenhäuser zerstört oder zu Folterzentren umfunktioniert. Mit Ausnahme der Staatspropaganda war jegliche Form der Unterhaltung verboten. Pol Pot kappte alle Verbindungen zur Außenwelt, mit seinem “Steinzeitkommunismus” wollte er Kambodscha zum autarken Staat machen.

Ende des Terrors, Beginn neuer Kriege

Über drei Jahre herrschten die Khmer Rouge Kambodscha während die internationale Gemeinschaft wegschaute. Erst Ende 1978 marschierte Vietnam in Kambodscha ein, Auslöser dafür waren mehrere Grenzüberschreitungen durch die Khmer Rouge gewesen. Innerhalb weniger Wochen eroberte die vietnamesische Armee Phnom Penh und beendete die Herrschaft der Khmer Rouge.

Das Terrorregime war damit zwar abgesetzt, dem Konflikt jedoch kein Ende gesetzt. Im Untergrund kämpften die Khmer Rouge weiter einen Guerilla-Krieg gegen die Regierung der vietnamesischen Besatzung. Sie bekamen Unterstützung von China und den USA, die dadurch Vietnam schwächen wollte. Ohne diese militärische und finanzielle Unterstützung wären die Khmer Rouge nach 1979 kaum zu ihrem noch zwei-Jahrzehnte andauernden Widerstand fähig gewesen.

1989 zogen sich die Vietnamesen aus Kambodscha zurück. Zwei Jahre später wurde ein Friedensabkommen zwischen den Khmer Rouge und der Regierung unterzeichnet. Eine Übergangsregierung der Vereinten Nationen sollte für Stabilität, Versöhnung und faire Wahlen sorgen. Die Khmer Rouge jedoch weigerten sich, die Wahlergebnisse anzuerkennen und führten ihren Guerillakampf weiter. Erst 1999 ergaben sich die letzten Khmer Rouge Kämpfer nach dem Tod ihres Anführers Pol Pot, der Bürgerkrieg wird damit endgültig beendet.

Versuche der Aufarbeitung

Drei Jahrzehnte vergingen zwischen dem Sieg über die Khmer Rouge und dem Beginn des Aufarbeitungsprozesses. Für die lange Verzögerung ist nicht nur der anhaltende Bürgerkrieg in Kambodscha verantwortlich; die Vereinten Nationen und westliche Staaten verschlossen lange ihre Augen vor dem, was passiert war. 1997 nutzen sie erstmals überhaupt den Begriff des Genozids für die Gräueltaten der Khmer Rouge.

2006 einigten sich Kambodscha und die Vereinten Nationen auf die Einrichtung Rote-Khmer Tribunal mit einzigartigen Strukturen: Opfer dürfen vor dem Gericht Klagen einreichen, die dann als Beweismittel gegen die Angeklagten verwendet werden.

Das Gericht arbeitet auch an kollektiven Entschädigungen für die Opfer. Dazu gehören Projekte zum Bau von Straßen und Schulen, aber auch Therapieangebote und Aufklärungsarbeit. Den Meisten ist bewusst, dass die Narben der Khmer Rouge Zeit dadurch nie ganz geheilt werden können. Sie zerstörten Infrastrukturen und Besitztümer sowie Dokumente über Landbesitz – und legten damit die Grundlage für Landraub. Die Ausrottung einer ganzen Generation von Intelligentsia ist bis heute durch Defizite beispielsweise im Justizsystem zu spüren.

Schätzungen zufolge leben rund 20% der Kambodschaner*innen mit posttraumatischen Belastungsstörungen, dazu kommen die immer noch spürbaren Verluste von Familienmitgliedern.

Umso wichtiger ist es, dass das Rote-Khmer Tribunal auch einen öffentlichen Diskurs anregt. Lange wurde in den Schulen nicht über die Khmer Rouge gesprochen, die junge Generation wusste kaum Bescheid. Obwohl das Thema im Bildungssystem immer noch nur oberflächlich behandelt wird und wenig Unterrichtsmaterial zur Verfügung steht, lernen mehr und mehr Kambodschaner*innen über die Vergangenheit ihres Landes.

Ein Blick in die Zukunft

Von außen betrachtet mögen die Ereignisse in Kambodscha eindeutig erscheinen: Es gibt Opfer und Täter, “gut und böse”. Tatsächlich funktioniert diese schwarz-weiße Sichtweise jedoch bis heute nicht, denn die Linien zwischen Opfern und Tätern verschwimmen. Kambodschas Premierminister Hun Sen war selber bis 1977 ein Khmer Rouge, ebenso wie viele andere Regierungsmitglieder. Frühere Kindersoldaten sind heute Teil der Gesellschaft. Auch höhere Entscheidungsträger leben ungestört weiter. In vielen Familien lassen sich sowohl Opfer als auch Täter finden, einige Menschen vereinen beide Rollen.

Es gibt also keine eindeutige Antwort auf die Frage, wie die Narben der Konflikte und Gräueltaten am besten zu heilen sind. Der Aufarbeitungsprozess muss weiter laufen, sowohl juristisch als auch inmitten der Gesellschaft.

Für die Kambodschaner*innen, vor allem die junge Generation, spielt aber nicht nur die Vergangenheit eine Rolle. Sie schauen in die Zukunft. Die Klimakrise und der Abholzungswahn stellen Kambodscha vor neue Herausforderungen mit neuen Konflikten. Auf der Suche nach langfristigen und nachhaltigen Perspektiven lohnt sich ein Blick auf den Kampot Pfeffer. Durch die Wiederbelebung des traditionsreichen Anbaus kommen Bäuer*innen in der Kampot Region zu einem sicheren Einkommen. So ist es auch im Sindora Garden. Die Gründer*innen Keo und Malika haben eine grüne Oase inmitten des abgeholzten und verwüsteten Süden Kambodschas geschaffen. Mit viel Zuwendung pflanzten sie hundert verschiedene einheimische Arten, die nun langsam wieder zu einem Wald heranwachsen und so die Böden wiederbeleben. Seite an Seite mit dem florierenden Wald wächst kostbarster Kampot Pfeffer, der nach alten Traditionen in sorgfältiger Handarbeit geerntet wird.

Abholzung in Kambodscha

Ein zerstörtes Naturparadies

­­­Wir kennen die Bilder von den abgeholzten Urwaldriesen in Indonesien und Brasilien. Doch wusstest du, dass auch Kambodscha unter einer der höchsten Entwaldungsraten weltweit leidet?

Vor 50 Jahren war das kleine südostasiatische Land ein unvergleichbares Naturparadies. Urwald bedeckte 70% der Landesfläche. Dort tummelten sich Tiger, Elefanten und Koupreys – eine Art wildes Rind, das inzwischen als ausgestorben gilt.

Doch in den letzten Jahrzehnten hat sich Kambodscha durch die rücksichtslose Abholzung sehr verändert. Ein internationales Zusammenspiel von Profitinteressen, Korruption und nicht funktionierenden Kontrollen ermöglichte die Zerstörung von immer mehr Regenwald. Insbesondere der Verkauf des edlen Tropenholzes ist ein lukratives Geschäft und beschleunigt die Entwaldung. Zwar soll eine Reihe von Gesetzen und Embargos den Holzhandel einschränken, doch es mangelt an Wille und Ressourcen zur Durchsetzung der Schutzmechanismen.

Auch für Plantagen wird gerodet: Auf den einst fruchtbaren Waldböden wachsen jetzt in Monokulturen Zuckerrohr, Palmöl und Kautschuk. Sie landen in unseren Kuchen, Schokoriegeln und Autoreifen. Nur eine kleine Elite profitiert von dem Handel.

Die Konsequenzen der Zerstörung

Heute sind nur noch 3% der Landesfläche mit Urwald bedeckt. Die Abholzung hinterlässt ihre Narben. Seltene Tierarten verlieren ihre Lebensräume – unter anderem der Tiger, der 2007 zum letzten Mal in Kambodscha gesichtet wurde. Böden trocknen aus und verlieren ihre Fruchtbarkeit. So nimmt die Erosion stark zu und das Land ist kaum noch nutzbar. Vor allem für die ländliche Bevölkerung ist das eine Katastrophe, denn 70% der Kambodschaner*innen leben von traditioneller Landwirtschaft. Sie sind nicht nur von der Umweltschäden der Abholzung betroffen, sondern werden oft auch zum Opfer von Landraub und Vertreibung. Denn bei der Vergabe von Landnutzungsrechten bleiben ihre Interessen meist unbeachtet gegenüber denen der großen Unternehmen.

Zu diesen Herausforderungen kommen die Folgen der Klimakrise, die schon jetzt verheerende Schäden anrichten. Dürren und Überschwemmungen, Erdrutsche und Taifune bedrohen die Existenz der ländlichen Bevölkerung.

Bäume als Hoffnungsträger

Zum Glück gibt es eine Lösung gegen die Verwüstung des Landes: Bäume. Nicht umsonst sind Wälder als grüne Lungen bekannt – indem sie CO2 aus der Atmosphäre ziehen, sind sie unverzichtbar im Kampf gegen die Klimakrise. Ihre gigantischen Wurzeln geben den Böden halt und verhindern so Erosion und Erdrutsche. Bei Überschwemmungen und Stürmen bieten sie Schutz. Im Schatten der Bäume können andere Pflanzen gedeihen und fruchtbare Böden schaffen.

Es war die Sorge um ihre Zukunft, die Keo und Malika dazu brachte, aus einem Stück kargen Land im Herzen Kampots ein gesundes Ökosystem zu erschaffen. Die beiden Schwestern begannen Bäume zu pflanzen, einen nach dem anderen. Über 100 einheimische Baum- und Pflanzenarten ragen heute gen Himmel und spenden Schatten und Feuchtigkeit. Ihre grünen Blätter verströmen Sauerstoff, das Laub versorgt den Boden mit neuem Leben und baut allmählich eine lebendige Schicht Humus auf: Das perfekte Habitat für allerlei Insekten, die wiederum Vögel zurückkehren lassen, welche die Saat der Bäume weiter tragen. Der Kreislauf der Natur ist wieder hergestellt.

So entstand durch regenerative Landwirtschaft der Sindora Garten, und in dem zu neuem Leben erweckten Wald wachsen heute Seite an Seite buntes Gemüse, Reis und bester Kampot Pfeffer. Der Handel mit dem seltenen Gewürz finanziert und sichert den Fortbestand des Gartens. Für Keo und Malika gedeiht heute statt der Sorge um ihre Existenz die Hoffnung auf eine gesunde Zukunft.

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Die Geschichte Kambodschas – von Großmacht zu Bürgerkrieg

Die Geschichte Kambodschas – von Großmacht zum Bürgerkrieg

Mehr als ein Zehntel der Bevölkerung Kambodschas lebt in extremer Armut. Dafür sind auch  jahrzehntelange Konflikte und die dreijährige Terrorherrschaft der Khmer-Rouge verantwortlich. Die Aufarbeitung der Vergangenheit beschäftigt heute Kambodschaner*innen sowie die internationale Gemeinschaft. Ein Blick auf die bewegte Geschichte des kleinen südostasiatischen Landes lohnt sich, um Kambodscha und seine vielen Konflikte besser zu verstehen.

Längst vergangene Blüte

Vor über 1000 Jahren dominierte das mächtige Khmer Reich große Teile des südostasiatischen Festlandes. Seine Hauptstadt Angkor war die größte Stadt der Welt. Mit einem ausgeklügelten Bewässerungssystem gelangte sie zu ihrem Reichtum und Einfluss.

Doch befand sich das Khmer Reich auch im ständigen Konflikt mit seinen Nachbarn Vietnam und Thailand und konnte sich im 15. Jahrhundert schließlich nicht mehr gegen diese behaupten. Das thailändische Königreich eroberte Angkor, die Stadt verlor an Einfluss und Größe. 

Kambodschas darauffolgende “Middle Period” war geprägt von Kriegen und Grenzverschiebungen, Territorialverlusten und und einer zwischenzeitlichen vietnamesischen Besatzung.

Kambodscha als französisches Protektorat

1863 wurde Kambodscha zum französischen Protektorat. Damit war es vor Angriffen von Thailand und Vietnam geschützt, verlor aber auch jegliche Souveränität. Die Monarchie blieb zwar offiziell bestehen, das Sagen hatte der König aber nur noch innerhalb seiner eigenen Palastwände während die französische Kolonialverwaltung regierte.

Das änderte sich 1954 mit der kambodschanischen Unabhängigkeit schlagartig. Es beginnt eine neue Ära unter König Sihanouk. Um Kambodscha im Minenfeld des Kalten Krieges zu schützen, verpflichtet er sich außenpolitisch der absoluten Neutralität. Als einziges Land Indochinas versinkt Kambodscha nach der Unabhängigkeit nicht in Konflikt, sondern erreicht eine gewisse Stabilität. Auf dem Land wird Sihanouk als “Gottkönig” verehrt, denn hier sorgt er für Verbesserung in der Verkehrs- und Bildungsinfrastruktur.

Innerhalb Kambodschas jedoch kritisieren viele Linke auch das de-facto Ein-Parteiensystem und das repressive, oppositionfeindliche Klima.

Kambodscha an den Fronten des Vietnam Krieges

Bald schon verdichten sich die Ereignisse und dem hoffnungsfrohen Intervall seit der Unabhängigkeit wird ein jähes Ende gesetzt. Mit dem Vietnamkrieg geht Kambodschas Vorhaben einer streng neutralen Außenpolitik zunichte. Sihanouk erlaubt Vietcong-Truppen die Nutzung von kambodschanischem Gebiet und stößt damit auf viel Widerstand. Auch die USA sind von Kambodschas Parteinahme nicht begeistert, verhängen ein Wirtschaftsembargo und beenden die Militärhilfe. Ab 1969 starten sie zudem ein geheimes Bombardement Kambodschas, um den Vietcong zu vertreiben. Dabei verlieren auch über 100,000 kambodschanische Zivilist*innen ihr Leben. Die Ablehnung gegen die USA wächst und viele der Überlebenden gehen zu den Khmer Rouge an, die sich im Dschungel und den Grenzgebieten als Widerstand formieren. Chaos und Konflikte bahnen sich an.

Putsch und Bürgerkrieg

Verteidigungsminister Lon Nol ist ebenfalls nicht begeistert von der pro-vietnamesischen Richtung, die Sihanouk einschlägt. 1970 putscht er sich an die Macht. Er will die Vietcong-Truppen aus Kambodscha vertreiben. Der abgesetzt Sihanouk bildet zusammen mit den Khmer Rouge in China eine Exilregierung, die sich dem Sturz von Lon Nols verpflichtet.

In Kambodscha beginnt damit ein verheerender Bürgerkrieg zwischen Lon Nol und den Khmer Rouge mit Anhängern Sihanouks und Unterstützung aus Vietnam. Zehntausende sterben in den Kämpfen oder werden von den Khmer Rouge ermordet, die erste “ethnische Säuberungen” gegen Vietnamesen und andere Minderheiten durchführen.

Inmitten des Chaos flieht der Premierminister Lon Nol 1975 aus Kambodscha und die Khmer Rouge übernehmen die Macht. Jubelnd werden sie am 17. April 1975 in Phnom Penh von der Bevölkerung begrüßt, die sich über ein Ende des Bürgerkrieges freut. Nur die wenigsten können sich vorstellen, welche neuen, unvorstellbaren Schrecken auf sie zukommen.

Mehr über die Khmer Rouge und die Narben, die sie in der heutigen Gesellschaft hinterlassen haben, erfährst du im zweiten Teil.

Die Geschichte des Pfeffers

Pfeffer als Standardgewürz in jedem Haushalt? Das war vor gerade mal 200 Jahren noch unvorstellbar. Nicht ohne Grund wurde Pfeffer auch als schwarzes Gold bezeichnet, denn in Europa konnte sich lange nur eine kleine Oberschicht seinen Genuss leisten.

Wo der Pfeffer wächst

Seinen Ursprung hat das allbekannte Gewürz in Südindien. Schon vor über 4000 Jahren finden sich dort die ersten Erwähnungen von Pfeffer. Nicht nur in der Küche wurde er verwendet, sondern auch für Rituale in Tempeln.

Bereits um 1000 v. Chr. kam Pfeffer nach Ägypten und auch in der traditionellen chinesischen Heilmedizin spielt er schon lange eine Rolle. Den Einzug nach Europa erlebte Pfeffer erst deutlich später: Vor etwa 2500 Jahren gelangte er über persische Händler, die ihn an Griechen und Phönizier verkauften, nach Athen, Sizilien und vermutlich sogar auch Marseille.

Im antiken Griechenland lobte Hippokrates den Pfeffer als Heilmittel. Doch während die kurierende Wirkung des Pfeffers bekannt war, wussten nur wenige in Europa vom Ursprung des “schwarzen Goldes”. Die arabischen Händler machten bewusst ein Geheimnis daraus. Sie verbreiteten abschreckende Geschichten von Drachen und giftigen Schlangen als Wächter der Pfefferplantagen. So wollten sie ihre Monopolstellung über das lukrative Geschäft behalten. Nur eins war allen klar: Das exotische Gewürz kam von weit weg – von da, wo der Pfeffer wächst.

Mit Pfeffer zum Aufstieg

Im 1. Jahrhundert v. Chr. entdeckten die Römer das Geheimnis der Monsunwinde. Dadurch konnten sie schneller nach Indien gelangen und direkte Handelsbeziehungen zur “Pfefferküste” aufbauen. Die arabischen Händler verloren ihre Monopolstellung. Der Pfefferhandel wuchs und damit auch die Lüste der reichen Römer. In Speis und Trank wurde das kostbare Gewürz beigemischt. Zur Dekoration und Verbreitung von Düften durfte es in Schalen – sogenannten Piperatoria – in einem guten Haushalt nicht fehlen.

Auch Roms Feinde wussten von der Kostbarkeit des Pfeffers: Im Jahr 408 musste die Stadt unter anderem Pfeffer an die Goten abgeben, um sich von deren Belagerung freizukaufen.

Nicht nur Rom profitierte mit hohen „Pfefferzöllen“ vom Handel mit dem schwarzen Gold. Im 3. Jahrhundert v. Chr. verhalf Pfeffer Alexandria zum Aufstieg. Über 1000 Jahre später wurde Venedig nach dem Untergang des Römischen Reiches durch den Handel mit Gewürzen wohlhabend.

Auch Einzelpersonen – die „Pfeffersäcke“ – machten gute Geschäfte: Kaufleute aus Nürnberg und Augsburg erwarben in Venedig Pfeffer und verkauften ihn mit einem Aufschlag von bis zu 600% weiter. So entstanden wahrhaft gepfefferte Preise: zwischenzeitlich kostete ein Kilogramm umgerechnet 80.000 Euro!

Wettstreit um die besten Handelsrouten

Wer kennt sie nicht: Die abenteurlichen Geschichten der “Entdeckungsfahrten” des 15. und 16. Jahrhunderts. Doch wusstest du, dass sie auch von der Aussicht auf lukrative Geschäfte mit Gewürzen geprägt waren? Vasco da Gama soll ganz besonders vernarrt in Pfeffer gewesen sein. Die Entdeckung des Seeweges nach Indien über das Kap der guten Hoffnung war daher ein riesiger Erfolg.

Spanien, Portugal und die Niederlande standen in harter Konkurrenz zueinander: Alle wollten sich die besten Zugänge zu den Quellen und Umschlagplätzen des Pfeffers sichern. Die neu gegründeten Handelskompanien wetteiferten miteinander, keine von ihnen schaffte es jedoch je zur Monopolstellung.

Ab dem späten 18. Jahrhundert erlebte der Pfeffer in Europa einen grundlegenden Wandel. In der französischen Küche war das übermäßige Würzen zunehmend verpönt, nur Pfeffer als Standardgewürz blieb davon erspart. Mit immer mehr Handelsrouten nach Indien und neuen Anbaugebieten wurde er auch für das „Einfache Volk“ erschwinglicher.

Kleines Korn, große Macht

Heute macht Pfeffer über 20% der Gewürzimporte nach Deutschland aus. Er darf in keiner Küche fehlen. Doch finden sich auch noch Spuren aus seiner Zeit als schwarzes Gold, zum Beispiel im Begriff der „peppercorn rent“. Im Mittelalter war Pfeffer aufgrund seines hohen Wertes eine anerkannte Währung und wechselste auch beim Grundstückshandel Besitzer. Im englischen Recht beschreibt die Peppercorn Rent noch heute eine symbolische Bezahlung, die einen Vertrag rechtlich bindend macht. Auch umgangssprachlich wird von besonders günstigen „Pfefferkorn-Mieten“ geredet. Die University of Bath in der Nähe von Bristol ist im Genuss einer solchen: Sie zahlt der Stadt jährlich ein einzelnes Pfefferkorn als Miete für ein gepachtetes Grundstück. In einer silbernen Kiste wird es bei einem zeremoniellen Abendessen übergeben.

So werden wir daran erinnert, wie die kleinen schwarzen Körner einst über Macht und Reichtum mitentschieden.

Heute schafft der Pfefferanbau Perspektiven für Kleinbäuer*innen. So auch im Sindora Garten in Kambodscha, wo der einzigartige Kampot Pfeffer inmitten eines wieder zum Leben erweckten Ökosystems gedeiht. Begib dich mit dem Kampot Pfeffer von Conflictfood auf eine genussvolle Zeit- und Weltreise.

Ein Jahr nach dem Putsch. Wie geht es unseren Partner*innen in Myanmar?

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Im Schatten grüner Wälder sprießt die Hoffnung der Akha, einer ethnischen Minderheit im Hochland Myanmars – Jadae Kaffee. Er bringt dem von Vertreibung und Armut gefährdeten Bergvolk Wege in die Unabhängigkeit und sichert ihre Existenz. Bäuer*innen aus 14 Dörfern haben sich nun zusammengetan. Gemeinsam haben sie ein Sozialunternehmen gründet und damit das Fundament für langfristige wirtschaftliche Perspektiven geschaffen. 

Wie geht es unseren Partner*innen in Myanmar? Welche Auswirkungen haben der Militärputsch auf sie? Wir sprechen mit BuSaw, der Geschäftsführerin und Kaffeeexpertin, über ihre aktuelle Lage.

Interview mit BuSaw, Geschäftsführerin von Jadae Kaffee in Myanmar

Portrait von Bu Saw

 

Danke, das du dir für ein Interview Zeit nimmst, Busaw!
Welche Arbeitsschritte gibt es gerade für dich und dein Team zu tun?

BuSaw:
Gerade haben wir alle Hände voll zu tun, die Kaffeeernte hat begonnen. In den Wäldern pflücken wir Kirsche für Kirsche und bringen sie zur Weiterverarbeitung an unseren Hof in Kent Tung. Hier selektieren wir die Ernte noch einmal per Hand – nur die reifen, roten Kaffeekirschen kommen in die Nassmühlen, wo das Fruchtfleisch entfernt wird. Die Bohnen werden immer wieder aussortierten und schließlich in der Sonne getrocknet.

Welche Mengen erntet ihr?

BuSaw:
Drei Tonnen Rohkaffee wurden letztes mal geerntet. 2,3 Tonnen davon habt ihr von Conflictfood uns abgenommen. Wir selber trinken natürlich auch welchen, der Rest wurde an Kunden hier in der Region verkauft.

Warum habt ihr nicht in andere Länder, ausser an uns in Deutschland, exportiert?

BuSaw:
Seit der Pandemie ist der weltweite Warentransport unzuverlässig und teuer geworden. Und hier in Myanmar haben fast alle Transportunternehmen seit dem Putsch geschlossen. Es ist aufwändig und teuer, unsere Ware nach Yangon zu liefern. Selbst Muster für Röstproben und Geschmackstests für „Cuppings“ (Verkostungen von Spezialitätenkaffee) können nur mit viel Aufwand das Land verlassen. Die Proben für Conflictfood wurden von Mitarbeitern der GIZ im Handgepäck nach Deutschland gebracht. 

Wie vielen Menschen bringt der Jadae Kaffee Arbeit?

BuSaw:
Unser Team ist seit letztem Jahr gewachsen, zehn Leute ernten in den Wäldern, 15-20 Leute sind in der Weiterverarbeitung beschäftigt, 3-4 Kolleg*innen arbeiten mit mir im Büro, ich leite die Geschäfte. 

Mit welchen Schwierigkeiten seid ihr derzeit konfrontiert?

BuSaw:
Es ist nicht einfach, die Ernte einzubringen und die Kaffeekirschen weiter zu verarbeiten.
Die Einschränkungen wegen Covid19, Sicherheitsgesetze und häufige Bombenexplosionen hier in der Region machen die Fahrten von Dorf zu Dorf und somit auch den Transport der Kaffeekirschen zu einer schwierigen Herausforderung.
Ständig fällt der Strom aus. Die Kosten für mobiles Internet sind explodiert, das erschwert die Kommunikation im Team. Um die Sicherheitslage für jede Lieferung zu kommunizieren, warten wir nun, bis der Strom wieder läuft. Hinzu kommt die Inflation, die Kaufkraft des Kyat (Währung in Myanmar, 1 Euro = 0,00049 Kyat, Stand 6.02.2022) sinkt von Tag zu Tag. 
Es ist zermürbend. 

Wie soll es nun weiter gehen?

BuSaw:
Dass ihr uns im letzten Jahr trotz der widrigen Umstände mehr als zwei Tonnen Kaffeebohnen abnehmen konntet,
war ein sehr wichtiger und hilfreicher Schritt für uns, die Geschäfte weiter zu führen, ein Team aufzubauen und fair zu entlohnen. Es wäre wirklich eine enorme Hilfe, wenn wir unsere grünen Kaffeebohnen auch dieses Jahr wieder nach Deutschland liefern können. In naher Zukunft möchte ich dann zusammen mit weiteren 50 Bäuer*innen aus drei Dörfern, 20 Acres (8 Hektar) neu bewirtschaften – genug Platz für 20.000 Kaffeepflanzen. Es ist wichtig für mich, trotz der aktuellen Schwierigkeiten mit Optimismus in die Zukunft zu blicken.

Wir danken dir für deine Zeit und für die ehrlichen Antworten, BuSaw!

BuSaw’s Jadae-Kaffee findest du in unserem Online-Shop.

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Hilferuf aus Myanmar

Zuletzt ist es still geworden um das Goldene Land. Was im Frühjahr noch die Schlagzeilen dominierte wird heute von anderen Ereignissen überschattet. Für die Menschen in Myanmar hat sich die Lebenssituation seit dem Militärputsch jedoch keineswegs verbessert.
Von unserem Conflictfood-Partner vor Ort – Htun Thaw – erreicht uns dieser Hilferuf.

Htun Thaw* ist Gründer und Geschäftsführer einer traditionsreichen Teemanufaktur im Shan State, Myanmar und seit vier Jahren unser Handelspartner für Conflictfood-Tees.

* Aus Sicherheitsgründen und auf seinen Wunsch hin haben wir Namen und Bilder anonymisiert.

Ein Machtkampf um die Zukunft

Die junge Demokratie währte nicht lange im ehemaligen Burma. Seit dem Militärputsch befindet sich das Land im Ausnahmezustand. Auf die Machtübernahme der Militärs antwortete die Bevölkerung mit einer beispiellosen Aktion zivilen Ungehorsams, die bis heute andauert. Selbst die noch so brutale Unterdrückung jeglichen Widerstands durch das Regime, die bis dato tausende von Toten zu verantworten hat, scheint die Willensstärke der Protestierenden und den Wunsch nach Demokratie nicht stoppen zu können. Nun ruft der Präsident der Opposition zum Angriff auf das Militärregime auf – mit dem Ziel die Zivilregierung wieder herzustellen. Die Auswirkungen sind dramatisch: „Momentan stehen wir vor allem vor drei großen Problemen: Politische Unruhen, dem wirtschaftlichen Stillstand oder Zusammenbruch und einem beispiellosen Anstieg an Covid-Infektionen” erklärt uns Htun Thaw.

„Momentan stehen wir vor allem vor drei großen Problemen: Politische Unruhen, dem wirtschaftlichen Stillstand oder Zusammenbruch und einem beispiellosen Anstieg an Covid-Infektionen”

Neue Welle der Gewalt

Seit dem Putsch wurden nach Angaben der Nichtregierungsorganisation AAPP (Assistance Association for Political Prisoners) mehr als 1000 Zivilisten getötet, rund 8000 verhaftet, 6000 von ihnen befinden sich heute noch immer hinter Gittern. Gewalttaten und Explosionen gehören zum traurigen Alltag. Htun Thaw erzählt uns von Razzien, die in Häusern von Widerstandsleistenden und Aktivist*innen in jedem Dorf, in jeder Stadt, stattfinden. Der Schaden, den die Militärs so auf ihre eigenen Menschen und die Gesellschaft anrichten, habe gewaltige Ausmaße angenommen. Die Zustände seien dem eines Bürgerkrieges ähnlich und nun befürchtet Htun Thaw eine neue Welle der Gewalt.

“Wir befinden uns inmitten eines Bürgerkrieges und ich befürchte, die nächste Welle der Gewalt rollt auf uns zu.”

Die Pandemie hat leichtes Spiel

Die Bekämpfung der Pandemie ist im Zuge der Ausschreitung fast vollständig in den Hintergrund geraten. Eine Form des zivilen Ungehorsams ist die des Streiks. Im Zuge dessen haben auch viele Ärzt*innen und Pflegepersonal ihre Arbeit niedergelegt, kaum ein Krankenhaus läuft im Normalbetrieb. Verlässliche Zahlen zum Infektionsgeschehen existieren nicht, man liest aktuell von täglich 2000 Neuinfektionen, von einer Rate von 20% positiv Getesteter und zahlreichen Toten, geht jedoch von einer hohen Dunkelziffer aus. 

Besonders an der Grenze zu Indien führt die Ausbreitung der Delta-Variante zu teils katastrophalen Zuständen in den Krankenhäusern. Auch wird immer wieder von Ausbrüchen in Gefängnissen berichtet. Welche Opfer die Zivilgesellschaft im Kampf gegen die Militärregierung bereit zu leisten ist, zeigt auch die fehlende Impfbereitschaft. Im Vergleich zu Deutschland, hat das aber nichts mit medizinischen Vorbehalten zu tun, sondern stellt eine weitere politische Ausdrucksform des zivilen Ungehorsams dar. Die Maßnahmen der Junta, wie das Errichten neuer Quarantänezentren und das Verteilen von Masken, werden oft nicht akzeptiert, um auf keinen Fall Normalität einkehren zu lassen. Denn solange das Land im Chaos versinkt, war der Coup in den Augen der Opposition nicht erfolgreich.

Wirtschaftlicher Stillstand

Auch die Wirtschaft hält den instabilen Verhältnissen nicht länger stand. Viele ausländische Investoren ziehen sich aufgrund des instabilen Investitions- und Geschäftsumfeldes aus Myanmar zurück. Zuletzt tat dies der deutsche Großhandelskonzern Metro. „Wenig überraschend hat sich auch das große norwegische Telekommunikationsunternehmen Telenor zurückgezogen und seine Firma verkauft. Inländische Firmen sind komplett geschlossen. Auch ich habe meine Teeproduktion seit Juni eingestellt. Normalerweise läuft die Manufaktur das ganze Jahr von April bis November”, so Htun Thaw.

„Inländische Firmen sind komplett geschlossen.
Auch ich habe meine Teeproduktion seit Juni eingestellt. Normalerweise läuft die Manufaktur das ganze Jahr von April bis November.”

Die Folgen sind ein Exporteinbruch und steigende Inflation. Die Preise für Lebensmittel und Treibstoff sind regelrecht am explodieren. Der Kyat, die Währung Myanmars, hat ein Drittel an Wert verloren. Dabei war die burmesische Wirtschaft in den letzten Jahren auf einem guten Weg – auch aufgrund verbesserter Bedingungen für ausländische Investor*innen und der Expansion des Telekommunikationssektors.

Htun Thaw erklärt uns auch, dass sich die Situation aktuell durch Einschränkungen im Finanzmarkt noch verschlimmert. Neuerdings werden für Geldtransfers hohe Gebühren erhoben und es gibt Limits bei der Auszahlung von Bargeld. Das sei dramatisch, besonders, wenn man bedenkt, dass viele Menschen aufgrund des zivilen Ungehorsams ihre Arbeit verloren haben und somit auf ihre Ersparnisse angewiesen sind. Ganz nach dem Motto „Cash is King” werde die Zentralbank und der Finanzsektor von der Junta als Druckmittel missbraucht.

Was wird die Zukunft bringen?

Währenddessen hat sich die Widerstandsbewegung zunehmend militarisiert und sucht die Kollaboration mit bewaffneten ethnischen Gruppierungen, die seit vielen Jahren gegen die Regierung und für ihre Rechte und mehr Unabhängigkeit kämpfen. In Teilen der Wirtschaftsmetropole Yangon gilt inzwischen Kriegsrecht, aus vielen Regionen werden Bombenattacken gemeldet und die Militärs machen auch vor Journalist*innen und Fotograf*innen keinen Halt mehr. Nun rief der Präsident der Opposition Duwa Lashi La im sozialen Netzwerk Facebook zum Verteidigungskampf „in jedem Winkel des Landes“ auf. Er will das Regime und den führenden General Min Aung Hlaing stürzen. Nach dem Putsch des Militärs in Myanmar sollte es in dem südostasiatischen Land nach Angaben des Junta Chefs nach einem Jahr Übergangsregierung zu Neuwahlen kommen, doch wie viele erwartet haben, wurde der Ausnahmezustand verlängert und es soll nun erst in zwei Jahren, im August 2023, Neuwahlen geben. Zusätzlich ist die Lage durch die bevorstehende UN-Vollversammlung in New York angespannt, für die entschieden werden muss, wer das Land Myanmar zukünftig im Gremium vertreten darf. Der bisherige Botschafter Kyaw Moe Tun hat sich mit der Oppositionsbewegung solidarisch gezeigt und den Putsch verurteilt.

„Wir möchten die politischen Führer in der Welt dazu auffordern, die Militärregierung zur Machtaufgabe zu bewegen und den Menschen in Myanmar so eine Rückkehr zu einer Zivilregierung unter der NLD (Nationale Liga für Demokratie) oder NUG (Partei der nationalen Einheit) zu ermöglichen.
Wir haben große Sorge vor einer Nahrungsmittelkrise, falls die Gewalt im Land anhält, da wir unter solchen Bedingungen unsere Felder nicht bewirtschaften können. Vor kurzem kam es zu Überschwemmungen, die viele Felder zerstört haben. Bitte unterstützt uns und rettet Myanmars so junge Demokratie, die über Nacht verschwunden ist!”

Handel bringt Hoffnung

Nach mittlerweile vier Jahren Zusammenarbeit verbindet uns mit Htun Thaw weit mehr als eine geschäftliche Partnerschaft. Lange gemeinsame Reisen durch Myanmar, viele Erlebnisse und Gespräche haben uns zu Freunden werden lassen. Umso tiefer trifft uns sein Hilferuf, den wir an dich weitergeben möchten.

Unser europäischer Handelspartner Conflictfood nimmt uns seit vier Jahren verlässlich die Ernte ab. Beinahe hätten wir dieses Jahr nicht liefern können.
Mit unseren letzten Ressourcen konnten wir die Ernte im Frühjahr einfahren und verarbeiten. Der Transport von unserem Lager im Hochland bis an den Hafen Yangon war diesmal eine enorme Herausforderung. Nun ist alles auf den Weg gebracht.”

Der Zusammenbruch des Exports hat auch unser Team vor enorme Herausforderungen gestellt. Salem, der unter anderem die Warenlogistik bei Conflictfood regelt, hat über mehrere Monate hinweg Platz in einem Containerschiff gesucht. Endlich ist es geschafft: Knapp zwei Tonnen der neuen Tee-Ernte waren auf dem Seeweg unterwegs – von Yangon nach Hamburg – und sind nun in unserem Lager eingetroffen.

Htun Thaw’s Bio-Grün- und Schwarztee gibt es in unserem Onlineshop. 

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Der Afghanistan-Einsatz ist beendet, doch der Krieg geht weiter

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7. Oktober 2001. Unter der Führung der USA beginnt eine Offensive gegen die Taliban-Regierung Afghanistans. Heute, knapp 20 Jahre später, endet ein Einsatz, der die Frage aufwirft: War es das wert?
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Die Vorgeschichte

Als die US-Koalition angriff, hatte Afghanistan bereits zwei Jahrzehnte Krieg hinter sich: die brutale sowjetische Besatzung von 1979 bis 1989 und den direkt folgenden Bürgerkrieg, der bis heute ungelöst ist. Gegen die Rote Armee hatten die Mudschaheddin  – auch mit US-Waffen – Widerstand geleistet, konnten sich danach jedoch nicht auf eine gemeinsame Zukunft einigen. Ihr rücksichtsloser Machtkampf zerstörte 1994 die Hauptstadt Kabul und führte zur Machtergreifung der Taliban.

Der Westen nahm auf diese Vorgeschichte keine Rücksicht. Die Zerstörer Kabuls und Gegner der Taliban wurden zu Partnern der USA. Die USA und NATO investierten viel Geld, um ein neues, demokratisches Afghanistan aufzubauen und ihre Transitwege für den Transport von wichtigen Rohstoffen aus den ehemaligen Sowjetrepubliken an den Persischen Golf zu sichern. Doch schon zu Zeiten der Taliban gab es Verhandlungen mit den USA sowie einem brasilianischem Konsortium. Mit letzterem gab es sogar einen Vertrag, jedoch wurde dieser von den USA sabotiert. Bis zum Ende der Herrschaft der Taliban sollte kein neuer Vertrag mehr zustande kommen. Die Saat für neue Gewalt, neuen Terror und ausufernde Korruption war gelegt.

Am 9. September 2001 wurde einer der Anführer des afghanischen Widerstands gegen die Taliban, Ahmad Schah Massoud, ermordet. Wenige Tage später folgte der Anschlag auf die USA, der Auslöser für den Einmarsch der westlichen Truppen.

Die Nato kommt

Nach der Eroberung der Hauptstadt Kabul am 13. November 2001 gelang es US-amerikanischen Bodentruppen unter Mithilfe britischer Soldaten und den Milizen der Nordallianz, die Taliban in weiten Landesteilen zurückzudrängen.
Mit der
UN-Resolution 1386 wurde im Dezember die internationale Schutztruppe (ISAF) geschaffen, an der auch die Deutsche Bundeswehr beteiligt war. Dabei handelte es sich um eine Sicherheits- und Wiederaufbaumission unter Führung der NATO. 2002 wurde unter Hamid Karzai eine im Petersberger Abkommen (intl. bekannt als Bonn Agreement) beschlossene Übergangsregierung etabliert, im Oktober 2004 führte Afghanistan Präsidentschaftswahlen durch, bei denen er zum Präsidenten gewählt wurde. 
Obwohl es ab September 2008 mehrere Truppenverstärkungen gab, gelang es den USA und ihren Verbündeten nicht, die Taliban zu besiegen und das Land zu befrieden. US-Präsident Barack Obama plante 2009, alle US-Truppen bis 2011 aus Afghanistan abzuziehen. Tatsächlich endete die dreizehnjährige Kampfmission der NATO erst im Dezember 2014.

Im Zuge der Nachfolgemission “Resolute Support” waren bis zuletzt um die 12.000 Soldaten und Soldatinnen von NATO-Staaten in Afghanistan gleichzeitig stationiert. Gute 1000 davon Deutsche. Die Bundeswehr stationierte insgesamt rund 150.000 Soldatinnen und Soldaten, in Masar-i-Scharif und der Nähe von Kundus. Ihre vorrangige Aufgabe war die Beratung und Ausbildung von afghanischen Sicherheitskräften. Die Sicherheitslage hat sich trotz militärischer Unterstützung und finanzieller Hilfe massiv verschlechtert. Die politische Führung unter Präsident Aschraf Ghani war bis Anfang 2020, auch auf Grund des amerikanischen Einflusses, zerstritten. Die USA hatten massiven Einfluss auf das Wahlergebnis genommen, in dem sie entgegen der Verfassung Abdullah Abdullah (einen politischen Rivalen) 2014 zum Geschäftsführer der Regierung ernannten. Wirtschaftliche und gesellschaftliche Probleme belasten das Land zusätzlich schwer.

Viele Opfer auf beiden Seiten

Der Konflikt in Afghanistan zählt zu den tödlichsten der Welt. Die UN-Mission in Afghanistan dokumentiert die Zahl der zivilen Opfer erst seit 2009. Danach wurden bis Ende 2020 fast 111.000 Zivilisten getötet oder verletzt. Nach Schätzungen vieler Nichtregierungsorganisationen ist die tatsächliche Zahl deutlich höher. Im Mai und Juni 2021 sind laut UN fast 2400 Zivilisten verletzt oder getötet worden. Laut einem Bericht der Vereinten Nationen ist das die höchste je erfasste Zahl ziviler Opfer für diese zwei Monate seit dem Beginn der Zählungen im Jahr 2009. Für die meisten zivilen Opfer sind die Taliban und andere extremistische Gruppen verantwortlich. Doch auch die internationalen Truppen haben den Tod von vielen Zivilisten zu verantworten – vor allem durch den Beschuss afghanischer Dörfer mit Kampfflugzeugen und Drohnen. Unter dem Friedensnobelpreisträger Obama gab es die meisten Drohnenangriffe überhaupt, er persönlich unterzeichnete die sogenannte “Kill List”. Die US-Armee selber verlor 2442 Soldaten, die Bundeswehr 59. Wie viele afghanische Soldaten und Polizisten getötet wurden, ist nicht bekannt. Die Zahl wird schon seit einigen Jahren aus Sicherheitsgründen geheim gehalten. Im Januar 2019 erklärte dann Präsident Ashraf Ghani beim Weltwirtschaftsgipfel in Davos, dass seit seinem Amtsantritt 2014 mehr als 45.000 afghanische Sicherheitskräfte ihr Leben verloren hätten.

Über die Zahl der getöteten Taliban-Kämpfer und anderer Extremisten liegen ebenfalls keine gesicherten Erkenntnisse vor. Man geht von deutlich mehr als 50.000 Toten aus.

Money, money, money

Das Costs of War Project der Brown University hat evaluiert, dass die Vereinigten Staaten zwischen 2001 und 2021 mehr als zwei Billionen, also 2000 Milliarden Dollar, für den Afghanistan-Krieg ausgegeben haben. Etwa die Hälfte der Summe entfiel danach auf den Einsatz der US-Armee. Nach Angaben des Weißen Hauses investierten die USA im gleichen Zeitraum 144 Milliarden Dollar in den Wiederaufbau Afghanistans. Der Großteil dieser Summe, mehr als 88 Milliarden US-Dollar, sei in den Aufbau der afghanischen Sicherheitskräfte geflossen und auch das weitere Geld ist ging fast ausschließlich an Projekte, die eine militärische Relevanz hatten. 
Laut Auswärtigem Amt in Berlin hat Deutschland zwischen 2002 und 2020 mehr als 18 Milliarden Euro für den Afghanistan-Einsatz aufgewendet. Nach Angaben des Verteidigungsministeriums entfielen 12,5 Milliarden Euro auf den Einsatz der Bundeswehr.
Nach Recherchen der Deutschen Welle hat das Auswärtige Amt seit 2001 zivile Unterstützung in Höhe von 2,4 Milliarden Euro geleistet. Der Aufbau staatlicher Institutionen sei zwischen 2002 und 2019 mit rund 950 Millionen Euro unterstützt worden.
Es gibt aber auch ganz andere Zahlen. Das „Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung“ beispielsweise schätzte die gesamten Kosten allein für die ersten zehn Jahre des Krieges schon auf etwa 36 Milliarden Euro.

Was hat die internationale Intervention erreicht, wo hat sie versagt?

Als die Intervention im Oktober 2001 begann, war Afghanistan ein isoliertes und zerstörtes Land. Nur drei Länder erkannten das fundamentalistische Emirat der Taliban an: Pakistan, Saudi-Arabien und die Vereinigten Arabischen Emirate.
Heute ist Afghanistan eine Islamische Republik mit einer demokratischen Verfassung und einer international anerkannten, gewählten Regierung. Frauen sitzen im Parlament, Mädchen besuchen die Schule. Es gibt eine junge, bildungshungrige Generation, die mit Leidenschaft die Angebote der neuen Schulen und Universitäten nutzt. Es gibt eine lebendige Medienlandschaft und neue Krankenhäuser. Doch das Land hat keinen Frieden gefunden und ist sozial tief gespalten. Ein Großteil der Hilfe kam nur den städtischen Eliten zugute. Über die Hälfte der afghanischen Bevölkerung lebt weiter in bitterer Armut. Besonders betroffen: die umkämpften Gebiete im Süden und Osten des Landes – das Kernland der Taliban.

Gibt es eine Chance auf Frieden?

Zeitnah nicht. Nach ihrem Sturz im Winter 2001 waren die Taliban in einer Position der Schwäche, doch die USA lehnten Gespräche damals kategorisch ab. Das rächt sich jetzt, denn heute fühlen sich die radikalen Islamisten als Sieger – spätestens seit der Unterzeichnung des Doha-Abkommens im Februar 2020 mit den USA, dessen Verhandlung ohne Beteiligung der afghanischen Regierung stattgefunden hat. 
Seit September 2020 finden inner-afghanische Friedensverhandlungen in Doha zwischen Taliban und der afghanischer Regierung statt, jedoch gibt es bis heute keine konkreten Erfolge.

Die Taliban haben eines ihrer Hauptziele aber schon erreicht: den bedingungslosen Abzug der internationalen Truppen. Sie sind militärisch in der Offensive und rücken landesweit auf urbane Zentren vor. Forderungen nach einem Waffenstillstand ignorieren sie. Sie lehnen die afghanische Verfassung ab und wollen sie durch ein “wahrhaft islamisches System” ersetzen.
In der ersten Hälfte dieses Jahres hat die Zahl der zivilen Opfer zugenommen. Vor allem Journalistinnen, Richterinnen und Aktivistinnen wurden durch gezielte Attentate getötet. Eine neue Welle von Gewalt rollt über Afghanistan. Es scheint als ob die Taliban den Sieg vor Augen haben.
Genauso wie der US-geführte Krieg im Irak hat auch der Konflikt in Afghanistan weltweit für mehr, nicht weniger Terror gesorgt. Er hat eine Region, in der die beiden Atommächte Indien und Pakistan miteinander rivalisieren und Iran, China und Russland nach mehr Einfluss streben, aufgewühlt. 
Der Truppenabzug ist ein Eingeständnis für das eigene Versagen.

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MYANMARS STEINIGER WEG IN RICHTUNG DEMOKRATIE

Myanmar - ein Land mit turbulenter Geschichte und Gegenwart

Myanmar, das Land der goldenen Tempel und der roten Roben. Der Nation im Herzen Südostasiens eilt ein geheimnisvoller Ruf voraus. Wir denken an grüne, exotische Landschaften, spirituelle Gebetsstätten, lächelnde Buddhas und weiße Elefanten. Und tatsächlich ist dieses Land, das vielen noch als Birma oder Burma bekannt ist, geprägt von einer bunten Vielfalt sowohl kultureller, sozialer als auch geographischer, wirtschaftlicher und vor allem ethnischer Art.

Diese Vielfalt bescherte dem Land seit Jahrhunderten eine sehr turbulente politische Geschichte. Nach dem Aufstieg und Niedergang zahlloser Königreiche wurde es im Jahr 1885 von der britischen Krone kolonialisiert. Zwischenzeitlich von Japan besetzt, endete die britische Kolonialherrschaft im Jahr 1948. Die Unabhängigkeit war eine Errungenschaft, die zu einem großen Teil einer Widerstandsbewegung unter dem Staatshelden General Aung San zu verdanken war. Er erlebte diese jedoch nicht, denn er wurde sechs Monate vorher in einer Kabinettssitzung erschossen. Viele Jahrzehnte später sollte seine Tochter Aung San Suu Kyi in seine Fußstapfen treten. Nach einer lang andauernden Phase der Militärdiktatur, welche das wirtschaftliche blühende Land unter eine zentrale Verwaltungswirtschaft stellte und dadurch isolierte und auslaugte, brachte sie den dringend erforderlichen demokratischen Prozess in Gang. Heute ist die Friedensnobelpreisträgerin eine mit einer großen Mehrheit gewählte Staatsrätin und führt de facto die politischen Geschäfte. Sie wird jedoch weltweit gleichermaßen geliebt wie kritisiert. 

Ein Militär, das auf Kosten des Gemeinwohls lebt

Doch der Demokratisierungsprozess ist nicht vollends abgeschlossen. Hinter den Kulissen ziehen noch immer die hochrangigen Generäle des Militärs die Fäden. Armut und Korruption sind weiterhin Teil des Alltags, das Militär will sich seine wirtschaftlichen Privilegien nicht nehmen lassen. Von der strategisch günstigen Lage zwischen China und Indien profitiert die Bevölkerung somit auch nicht. Die Einnahmen aus dem Verkauf der reichlich vorhandenen Bodenschätzen landen in den Taschen der Militärelite und werden dadurch dem Gemeinwohl entzogen. Vielmehr spüren die Menschen die Nachwehen der wirtschaftlichen Isolation zu Zeiten des Militärregimes. Das Geld versickert in den Kassen der politischen Elite oder auf den Konten reicher Geschäftsleute aus den großmächtigen Nachbarländern. 

Die Tragik der Rohingya

Mehr als 140 Ethnien leben in der heutigen Union of Myanmar. Der Wunsch nach Unabhängigkeit und mehr Autonomie mancher Minderheiten ist die Ursache für andauernde politische Konflikte.

Im Westen des Landes leidet die muslimisch geprägte Bevölkerungsgruppe der Rohingya unter der Verachtung und Verfolgung der Mehrheitsbevölkerung, besonders durch ultranationalistische Buddhisten. Die Vereinten Nationen sprechen von der am meisten verfolgten Minderheit der Welt, aber die Regierung Myanmars schweigt zu den massiven Menschenrechtsverletzungen, denen die Rohingya fortwährend ausgesetzt sind.Am anderen Ende des Landes, im Nordosten, tobt ein Bürgerkrieg. Einige ethnische Gruppen kämpfen gegen die Regierungsarmee. Seit sechs Jahrzehnten wird dieser bewaffnete Konflikt bereits ausgetragen und entzieht sich dennoch so gut wie komplett der öffentlichen Medienwahrnehmung und der daraus resultierenden Berichterstattung.

Trotz aller Konflikte ist Myanmar ein spannendes Land, welches zu entdecken gilt. Mit einer außergewöhnlichen Geschichte, seiner Tradition, den malerischen Landschaften und vor allem einer herzlichen und überaus gastfreundlichen Bevölkerung!

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#17ZIELE

#17Ziele – Lass uns gemeinsam handeln!

Bewaffnete Konflikte, Naturkatastrophen, Umweltverschmutzung, globale Ungerechtigkeiten und Armut sind aktuelle Herausforderungen unserer Zeit. All diese Probleme lassen sich auch für uns nicht mehr länger unter den Teppich kehren.

Genau deshalb haben die Vereinten Nationen einen ehrgeizigen Aktionsplan für die nächsten 15 Jahre entworfen. Am 25. September 2015 wurde auf dem Weltgipfel der Vereinten Nationen in New York die sogenannte Agenda 2030 für nachhaltige Entwicklung in Kraft gesetzt. Die Regierungschefs von 193 Mitgliedsstaaten verabschiedeten 17 klar definierte Sustainable Development Goals (SDGs), welche bis 2030 von der internationalen Gemeinschaft umgesetzt werden sollen. Die SDGs sind ein mehrdimensionaler Ansatz, berücksichtigen die ökologischen Grenzen unseres Planeten und ihre Forderungen sollen sowohl im globalen Norden, als auch im globalen Süden realisiert werden. Bereits der Titel „Transformationen unserer Welt“ weist darauf hin, dass die Agenda umfassende und universelle Veränderungen anstoßen soll. Deshalb sind sich alle darüber einig, dass die 17 Ziele nicht ausschließlich von Regierungen umgesetzt werden können.

Insgesamt bleibt jedoch auch für Deutschland noch viel zu tun, um die SDGs zu erreichen. Zur Umsetzung der Agenda 2030 ist eine umfassende Transformation in allen Lebensbereichen notwendig. Dafür bedarf es auch einer neuen Kultur der Nachhaltigkeit (Bundesregierung (2016): Bericht der Bundesregierung zum High-Level Political Forum on Sustainable Development 2016).

Klar ist auch, dass ein ganzheitlicher Ansatz notwendig ist, um entscheidende Weichenstellung in Richtung nachhaltige Entwicklung garantieren zu können. Die SDGs holen alle Bereiche der Nachhaltigkeit mit ins Boot: die Umwelt, das soziale Miteinander und die Wirtschaft

Wir orientieren uns an den SDGs!

Wir von Conflictfood unterstützen diese Agenda voll und ganz und möchten mit unserem Handeln etwas zu der Umsetzung der Ziele beitragen. Für diese Bemühungen wurden wir mit dem iF Social Impact Prize ausgezeichnet. Ganz besonders die Folgenden SDGs bestimmen unseren Arbeitsalltag:

#SDG 1: Keine Armut

Gerechte und angemessene Bezahlung ist uns wichtig. Deshalb unterstützen wir das SDG #1.
Oberstes Ziel der Agenda ist die Bekämpfung von Armut in all ihren Formen und Dimensionen. Besonders die Bekämpfung von „Extremer Armut“, als größte globale Herausforderung steht im Mittelpunkt, da sie eine unabdingbare Voraussetzung für alle anderen Bereiche der nachhaltigen Entwicklung darstellt.

#SDG 2: Kein Hunger

Durch die intensive Partnerschaft mit unseren Agrarkooperativen, haben wir erfahren wie unglaublich wichtig der Einfluss von Ernährung auf unsere zukünftige Entwicklung ist.
Hunger ist dabei nicht nur das größte Gesundheitsrisiko, sondern es trägt zu Flucht und Vertreibung bei, fördert Perspektivlosigkeit und Gewalt. Das Groteske dabei ist, dass weltweit schon genügend Lebensmittel produziert werden um alle Menschen ausreichend zu versorgen.

#SDG 12: Nachhaltige Konsum- und Produktionsmuster

Unser Konsum ist immer politisch. SDG #12 richtet sich in besonderem Maße an die Industrieländer. Im Zuge einer nachhaltigen Entwicklung ist es unbedingt notwendig, dass wir die ökologischen Grenzen unseres Planeten respektieren. Unsere Konsumgewohnheiten und Produktionstechniken müssen sich ändern.

#SDG 16: Friedliche und inklusive Gesellschaften für eine nachhaltige Entwicklung

„Friede ist nicht die Abwesenheit von Krieg. Friede ist eine Tugend, eine Geisteshaltung, eine Neigung zu Güte, Vertrauen und Gerechtigkeit.“ (Baruch de Spinoza)

Damit geht SDG#16 über die üblichen drei Dimensionen der Nachhaltigkeit (Soziales, Wirtschaft und Umwelt) hinaus und widmet sich Aspekten der Gewaltfreiheit und Rechtstaatlichkeit. Genau dazu möchten wir als Conflictfood in unseren Partnerländern beitragen.Für die internationale Gemeinschaft sind die 17 Ziele ein Meilenstein in Richtung nachhaltiger Entwicklung. Für uns als kleines Social Start-up dienen sie als Richtlinie um auch in Zukunft das Große und Ganze nicht aus den Augen zu verlieren.