Die Salinen der Ilha de Moçambique: Ein beeindruckender Anblick
Wasserbecken in unterschiedlichen Blautönen glitzern unter gleißender Sonne, kleine bis meterhohe Salzpyramiden in allen Schattierungen von Weiß verraten uns unweit der Küste des Indischen Ozeans, dass wir an einer der Salinen um die Ilha de Moçambique angekommen sind. Eine Frau trägt auf ihrem bunt verhüllten Haar einen Korb mit schwerem, nassem Salz. Gemeinsam mit anderen Frauen leert sie es auf einem Tisch zum Trocknen aus. Andere Frauen und Männer stehen um ein rechteckiges Wasserbecken. Mit langen Stangen, an deren Ende ein schmales Brett befestigt ist, schieben sie in gekonnten Bewegungen das Salz, das den Tiefen des Ozeans entspringt, an den Beckenrand.
Die Arbeit der Kooperative: Salzbauern mit Tradition
„Bem vindos a cooperativa dos produtores de sal em Lumbo!“, ruft uns Raja zu. Gut 80 Salinen haben sich hier um die Ilha de Moçambique zu einer Kooperative zusammengetan und ihn, den erfahrensten Salzbauern, zum „Presidente“ gewählt. „Alles beginnt im Ozean“, sagt der drahtige 60-Jährige bedeutungsvoll und zeigt auf das endlose Türkis am Horizont. Ab Februar, wenn die Regenzeit zu Ende geht, wird Meerwasser in einem ausgeklügelten System aus Mulden und Schleusen auf unterschiedlichen Niveaus von einem Becken ins nächste geleitet. Heiße Winde, trockene Hitze und die unermüdliche Arbeit der Salzbauern lassen den Salzgehalt von Becken zu Becken steigen. Viele Monate mühsamer Handarbeit vergehen, bis im November die „Königin des Salzes“ – das begehrte, teuerste und geschmacklich herausragend zarte Endprodukt der Salzgewinnung – reif für die Ernte ist.
Die Herausforderung der Salzernte in Mosambik
Wenn im Erntebecken das Wasser mit rund 300 Gramm pro Liter gesättigt ist, kommt es auf das richtige Timing und das besondere Geschick der Salzbauern an. Erhöhte Luftfeuchtigkeit oder zu heftige Bewegungen können die zarten Salzblumen, die sich auf der Wasseroberfläche kristallisiert haben, zerstören. Sie klumpen und sinken dann als grobe Salzkristalle auf den lehmigen Grund.
Ein Erbe, das über Generationen weitergegeben wird
Wann dieses System erfunden, von wem es perfektioniert wurde, kann uns Raja nicht sagen. „Mein Vater hat es mich gelehrt. Und der lernte es von seinem Vater ….“ Dass vor tausend Jahren bereits mit Salz aus der Region gehandelt wurde, lässt den „Presidente“ unbeeindruckt.
Die Geschichte der Region und der Weg in die Unabhängigkeit
Als Vasco da Gama als erster Europäer 1498 auf der Ilha de Moçambique Anker legte, traf er auf die reiche und blühende Händler-Kultur der Swahili und unterwarf sie der portugiesischen Krone. Der menschenverachtende Handel, vor allem mit Sklaven und Gold, brachte dem europäischen Land Macht und Wohlstand. Nach fast 500 Jahren rücksichtsloser Ausbeutung konnte Mosambik unabhängig werden – und rutschte sogleich in einen 17 Jahre dauernden blutigen Bürgerkrieg.
Moderne Unterstützung für traditionelle Methoden
Stolz zeigt uns Raja sein neues Densitometer. Mit dem hochwertigen Gerät aus deutscher Produktion misst er die Salzkonzentration im Erntebecken. Um modernen Hygienestandards zu entsprechen, hat sich die Kooperative Unterstützung geholt. Conflictfood begleitet die Saline im Rahmen einer Entwicklungspartnerschaft mit der Gesellschaft für internationale Zusammenarbeit (GIZ). Die mosambikanisch-deutsche Zusammenarbeit erfolgt im Auftrag des Bundesministeriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ) und wird von der EU mitfinanziert. Ziel ist es, die Selbstverwaltung sowie Know-how in Management- und Qualitätsfragen für die Salzprodukte zu stärken. Das fördert nicht nur Exportmöglichkeiten, sondern auch den lokalen Salzmarkt im Land.
Ein neuer Anfang für die Salzbauern Mosambiks
Die Menschen der Kooperative entwickeln nach und nach ein Bewusstsein für die Qualität ihrer Produkte. Neu ist für sie, dass sie angemessen und fair dafür bezahlt werden. Und dass sie erstmals Steuern zahlen – und damit einen Beitrag leisten, um den Teufelskreis eines verarmten Staates aufzubrechen.
Flor de Sal: Symbol für Selbstbestimmung und Hoffnung
Für die Salzbauern Mosambiks beginnt gerade eine neue Ära, in der sie als Produzenten eines wertgeschätzten Produkts die Handelskonditionen mitbestimmen. Die harte Arbeit wird fair entlohnt, die Qualität verbessert – und mit ihr das Selbstbewusstsein, der Stolz und nicht zuletzt die Lebensbedingungen der Arbeiter*innen und ihrer Familien. „Wir sind stolz auf unser Salz! Flor de Sal bedeutet für uns Leben!“