Der Afghanistan-Einsatz ist beendet, doch der Krieg geht weiter

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7. Oktober 2001. Unter der Führung der USA beginnt eine Offensive gegen die Taliban-Regierung Afghanistans. Heute, knapp 20 Jahre später, endet ein Einsatz, der die Frage aufwirft: War es das wert?
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Die Vorgeschichte

Als die US-Koalition angriff, hatte Afghanistan bereits zwei Jahrzehnte Krieg hinter sich: die brutale sowjetische Besatzung von 1979 bis 1989 und den direkt folgenden Bürgerkrieg, der bis heute ungelöst ist. Gegen die Rote Armee hatten die Mudschaheddin  – auch mit US-Waffen – Widerstand geleistet, konnten sich danach jedoch nicht auf eine gemeinsame Zukunft einigen. Ihr rücksichtsloser Machtkampf zerstörte 1994 die Hauptstadt Kabul und führte zur Machtergreifung der Taliban.

Der Westen nahm auf diese Vorgeschichte keine Rücksicht. Die Zerstörer Kabuls und Gegner der Taliban wurden zu Partnern der USA. Die USA und NATO investierten viel Geld, um ein neues, demokratisches Afghanistan aufzubauen und ihre Transitwege für den Transport von wichtigen Rohstoffen aus den ehemaligen Sowjetrepubliken an den Persischen Golf zu sichern. Doch schon zu Zeiten der Taliban gab es Verhandlungen mit den USA sowie einem brasilianischem Konsortium. Mit letzterem gab es sogar einen Vertrag, jedoch wurde dieser von den USA sabotiert. Bis zum Ende der Herrschaft der Taliban sollte kein neuer Vertrag mehr zustande kommen. Die Saat für neue Gewalt, neuen Terror und ausufernde Korruption war gelegt.

Am 9. September 2001 wurde einer der Anführer des afghanischen Widerstands gegen die Taliban, Ahmad Schah Massoud, ermordet. Wenige Tage später folgte der Anschlag auf die USA, der Auslöser für den Einmarsch der westlichen Truppen.

Die Nato kommt

Nach der Eroberung der Hauptstadt Kabul am 13. November 2001 gelang es US-amerikanischen Bodentruppen unter Mithilfe britischer Soldaten und den Milizen der Nordallianz, die Taliban in weiten Landesteilen zurückzudrängen.
Mit der
UN-Resolution 1386 wurde im Dezember die internationale Schutztruppe (ISAF) geschaffen, an der auch die Deutsche Bundeswehr beteiligt war. Dabei handelte es sich um eine Sicherheits- und Wiederaufbaumission unter Führung der NATO. 2002 wurde unter Hamid Karzai eine im Petersberger Abkommen (intl. bekannt als Bonn Agreement) beschlossene Übergangsregierung etabliert, im Oktober 2004 führte Afghanistan Präsidentschaftswahlen durch, bei denen er zum Präsidenten gewählt wurde. 
Obwohl es ab September 2008 mehrere Truppenverstärkungen gab, gelang es den USA und ihren Verbündeten nicht, die Taliban zu besiegen und das Land zu befrieden. US-Präsident Barack Obama plante 2009, alle US-Truppen bis 2011 aus Afghanistan abzuziehen. Tatsächlich endete die dreizehnjährige Kampfmission der NATO erst im Dezember 2014.

Im Zuge der Nachfolgemission “Resolute Support” waren bis zuletzt um die 12.000 Soldaten und Soldatinnen von NATO-Staaten in Afghanistan gleichzeitig stationiert. Gute 1000 davon Deutsche. Die Bundeswehr stationierte insgesamt rund 150.000 Soldatinnen und Soldaten, in Masar-i-Scharif und der Nähe von Kundus. Ihre vorrangige Aufgabe war die Beratung und Ausbildung von afghanischen Sicherheitskräften. Die Sicherheitslage hat sich trotz militärischer Unterstützung und finanzieller Hilfe massiv verschlechtert. Die politische Führung unter Präsident Aschraf Ghani war bis Anfang 2020, auch auf Grund des amerikanischen Einflusses, zerstritten. Die USA hatten massiven Einfluss auf das Wahlergebnis genommen, in dem sie entgegen der Verfassung Abdullah Abdullah (einen politischen Rivalen) 2014 zum Geschäftsführer der Regierung ernannten. Wirtschaftliche und gesellschaftliche Probleme belasten das Land zusätzlich schwer.

Viele Opfer auf beiden Seiten

Der Konflikt in Afghanistan zählt zu den tödlichsten der Welt. Die UN-Mission in Afghanistan dokumentiert die Zahl der zivilen Opfer erst seit 2009. Danach wurden bis Ende 2020 fast 111.000 Zivilisten getötet oder verletzt. Nach Schätzungen vieler Nichtregierungsorganisationen ist die tatsächliche Zahl deutlich höher. Im Mai und Juni 2021 sind laut UN fast 2400 Zivilisten verletzt oder getötet worden. Laut einem Bericht der Vereinten Nationen ist das die höchste je erfasste Zahl ziviler Opfer für diese zwei Monate seit dem Beginn der Zählungen im Jahr 2009. Für die meisten zivilen Opfer sind die Taliban und andere extremistische Gruppen verantwortlich. Doch auch die internationalen Truppen haben den Tod von vielen Zivilisten zu verantworten – vor allem durch den Beschuss afghanischer Dörfer mit Kampfflugzeugen und Drohnen. Unter dem Friedensnobelpreisträger Obama gab es die meisten Drohnenangriffe überhaupt, er persönlich unterzeichnete die sogenannte “Kill List”. Die US-Armee selber verlor 2442 Soldaten, die Bundeswehr 59. Wie viele afghanische Soldaten und Polizisten getötet wurden, ist nicht bekannt. Die Zahl wird schon seit einigen Jahren aus Sicherheitsgründen geheim gehalten. Im Januar 2019 erklärte dann Präsident Ashraf Ghani beim Weltwirtschaftsgipfel in Davos, dass seit seinem Amtsantritt 2014 mehr als 45.000 afghanische Sicherheitskräfte ihr Leben verloren hätten.

Über die Zahl der getöteten Taliban-Kämpfer und anderer Extremisten liegen ebenfalls keine gesicherten Erkenntnisse vor. Man geht von deutlich mehr als 50.000 Toten aus.

Money, money, money

Das Costs of War Project der Brown University hat evaluiert, dass die Vereinigten Staaten zwischen 2001 und 2021 mehr als zwei Billionen, also 2000 Milliarden Dollar, für den Afghanistan-Krieg ausgegeben haben. Etwa die Hälfte der Summe entfiel danach auf den Einsatz der US-Armee. Nach Angaben des Weißen Hauses investierten die USA im gleichen Zeitraum 144 Milliarden Dollar in den Wiederaufbau Afghanistans. Der Großteil dieser Summe, mehr als 88 Milliarden US-Dollar, sei in den Aufbau der afghanischen Sicherheitskräfte geflossen und auch das weitere Geld ist ging fast ausschließlich an Projekte, die eine militärische Relevanz hatten. 
Laut Auswärtigem Amt in Berlin hat Deutschland zwischen 2002 und 2020 mehr als 18 Milliarden Euro für den Afghanistan-Einsatz aufgewendet. Nach Angaben des Verteidigungsministeriums entfielen 12,5 Milliarden Euro auf den Einsatz der Bundeswehr.
Nach Recherchen der Deutschen Welle hat das Auswärtige Amt seit 2001 zivile Unterstützung in Höhe von 2,4 Milliarden Euro geleistet. Der Aufbau staatlicher Institutionen sei zwischen 2002 und 2019 mit rund 950 Millionen Euro unterstützt worden.
Es gibt aber auch ganz andere Zahlen. Das „Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung“ beispielsweise schätzte die gesamten Kosten allein für die ersten zehn Jahre des Krieges schon auf etwa 36 Milliarden Euro.

Was hat die internationale Intervention erreicht, wo hat sie versagt?

Als die Intervention im Oktober 2001 begann, war Afghanistan ein isoliertes und zerstörtes Land. Nur drei Länder erkannten das fundamentalistische Emirat der Taliban an: Pakistan, Saudi-Arabien und die Vereinigten Arabischen Emirate.
Heute ist Afghanistan eine Islamische Republik mit einer demokratischen Verfassung und einer international anerkannten, gewählten Regierung. Frauen sitzen im Parlament, Mädchen besuchen die Schule. Es gibt eine junge, bildungshungrige Generation, die mit Leidenschaft die Angebote der neuen Schulen und Universitäten nutzt. Es gibt eine lebendige Medienlandschaft und neue Krankenhäuser. Doch das Land hat keinen Frieden gefunden und ist sozial tief gespalten. Ein Großteil der Hilfe kam nur den städtischen Eliten zugute. Über die Hälfte der afghanischen Bevölkerung lebt weiter in bitterer Armut. Besonders betroffen: die umkämpften Gebiete im Süden und Osten des Landes – das Kernland der Taliban.

Gibt es eine Chance auf Frieden?

Zeitnah nicht. Nach ihrem Sturz im Winter 2001 waren die Taliban in einer Position der Schwäche, doch die USA lehnten Gespräche damals kategorisch ab. Das rächt sich jetzt, denn heute fühlen sich die radikalen Islamisten als Sieger – spätestens seit der Unterzeichnung des Doha-Abkommens im Februar 2020 mit den USA, dessen Verhandlung ohne Beteiligung der afghanischen Regierung stattgefunden hat. 
Seit September 2020 finden inner-afghanische Friedensverhandlungen in Doha zwischen Taliban und der afghanischer Regierung statt, jedoch gibt es bis heute keine konkreten Erfolge.

Die Taliban haben eines ihrer Hauptziele aber schon erreicht: den bedingungslosen Abzug der internationalen Truppen. Sie sind militärisch in der Offensive und rücken landesweit auf urbane Zentren vor. Forderungen nach einem Waffenstillstand ignorieren sie. Sie lehnen die afghanische Verfassung ab und wollen sie durch ein “wahrhaft islamisches System” ersetzen.
In der ersten Hälfte dieses Jahres hat die Zahl der zivilen Opfer zugenommen. Vor allem Journalistinnen, Richterinnen und Aktivistinnen wurden durch gezielte Attentate getötet. Eine neue Welle von Gewalt rollt über Afghanistan. Es scheint als ob die Taliban den Sieg vor Augen haben.
Genauso wie der US-geführte Krieg im Irak hat auch der Konflikt in Afghanistan weltweit für mehr, nicht weniger Terror gesorgt. Er hat eine Region, in der die beiden Atommächte Indien und Pakistan miteinander rivalisieren und Iran, China und Russland nach mehr Einfluss streben, aufgewühlt. 
Der Truppenabzug ist ein Eingeständnis für das eigene Versagen.

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DIESE DREI FILME DES HUMAN RIGHTS FILM FESTIVALS SOLLTEST DU NICHT VERPASSEN!

40 internationale Dokumentarfilme aus 42 Ländern: Das Human Rights Film Festival Berlin präsentiert sein außerordentliches Programm. Aufgrund der Corona-Pandemie muss das Festival neue Wege gehen: Durch eine hybride on- und offline Strategie werden alle Filme, Expert*innentalks sowie Veranstaltungsformate – jetzt bis zum 20. Oktober 2020 verlängert – deutschlandweit online verfügbar sein. 

Mit dabei sind drei spannende und zugleich herzergreifende Dokumentarfilme über die Herkunftsregionen unserer Partnerbäuerinnen und -bauern in Afghanistan, Myanmar und Palästina. Uns von Conflictfood gingen sie besonders unter die Haut.

Learning to Skateboard in a Warzone (If You’re a Girl)

Unvorstellbar: Mädchen lernen Skateboard fahren in Afghanistan. Das ist nicht nur für sie eine Herausforderung, sondern erst Recht für die Gesellschaft. Mit jeder Übungsstunde in der Turnhalle nehmen die Mädchen Fahrt auf: Ihr Körpergefühl wächst, ihr Selbstbewusstsein steigt. Plötzlich ist ein Studium keine abwegige Vorstellung mehr für zwei Schwestern. Für diesen beschwingenden Film, der ein anderes Afghanistan zeigt, wurde die in Hamburg lebende Regisseurin Zamarin Wahdat in diesem Jahr mit einem Oscar geehrt.

 

Exiled: The Rohingyas 

Die Rohingya in Myanmar – die am meisten verfolgte Minderheit der Welt: Warum wurden 2017 ihre Dörfer niedergebrannt, warum Hunderttausende vertrieben, obwohl die Friedensnobelpreisträgerin Aung San Suu Kyi de facto das Land regiert? Kaum ein Konflikt ist so kompliziert wie die Rohingya-Krise. EXILED leuchtet die Geschichte der muslimischen Minorität im buddhistisch geprägten Myanmar in der Tiefe aus. Burmes*innen und Rohingya sprechen über die historischen Wurzeln der Gewalt und berichten von Ausgrenzung und Hass.

 

Gaza

GAZA nimmt uns mit an einen einzigartigen Ort jenseits der medialen Berichterstattung und zeigt uns eine Welt voller eloquenter und starker Charaktere.  Der Film entwirft ein bereicherndes Porträt von Menschen, die versuchen, ein sinnvolles Leben jenseits der Trümmer des ewigen Konflikts zu führen. Frei von den Klischees der Nachrichtenreportage enthüllt der Film einen Ort der Schönheit inmitten der Verwüstung – durch das außergewöhnliche Leben seiner Bewohner*innen.

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Warum Ingwer und Tee sich so gut verstehen

Der traditionelle Teeanbau in den Bergen der Shan-Region und die Zusammenarbeit mit Conflictfood bringen dem Volk der Ta’ang seit einigen Jahren konstante und gerechte Einkünfte. Für ein zusätzliches Einkommen und um die Produktion auszubauen, haben die Frauen des Dorfes begonnen Ingwer zwischen ihre Teepflanzen zu setzen. 

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Als ethnische Minderheit sind die Ta’ang im Vielvölkerstaat Myanmar von anhaltenden Konflikten und Auseinandersetzungen mit der Regierungsarmee betroffen. Häufig sind sie gezwungen ihre Felder und Dörfer zu verlassen. Ihre Identität und das alte Wissen um den Anbau von Tee und Ingwer drohen verloren zu gehen. Um das zu bewahren, pflegen wir von Conflictfood enge Beziehungen mit den Bäuerinnen und Bauern. Durch den Handel mit Tee und jetzt Ingwer sichern sie sich ein zusätzliches Einkommen. So schaffen wir gemeinsam friedliche Perspektiven.

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Eine Win-Win-Situation für alle

Die Mischkultur aus Ingwer und Tee ist nicht nur eine Strategie zur Steigerung der Erträge. Sie sorgt zusätzlich für ein gesundes Wachstum beider Pflanzen und steigert merklich die Qualität der Ernte. Krankheiten und Schädlinge haben es schwer, sich auf der Ackerfläche zu verbreiten. So steigen Ertrag und Umsatz, eine wahre Win-Win-Situation!

Im Frühjahr werden die jungen Knollen des Ingwers in die Erde gesetzt. Im September folgt dann der nächste Schritt: Die Mutterwurzel wird ausgegraben während die neu gewachsenen, frischen Wurzeln in der Erde bleiben. Erst zwischen Januar und Dezember werden sie von den Frauen aus der Erde geholt. Insgesamt dauert der Prozess gute 9 Monate. Dann beginnt der Zyklus von Neuem.   

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Nachdem die Frauen den Ingwer von Hand geerntet haben, wird er direkt in kleine Würfel geschnitten und getrocknet. Durch die lange Reifezeit und schonende Trocknung enthält dieser Ingwer mehr Gingerole als eine frische Knolle. Diese Scharfstoffe erhöhen die gesundheitsfördernde Wirkung der Heilknolle und machen sie geschmacksintensiver. Der Ingwer ist so länger haltbar und lässt sich einfach dosieren. Er schmeckt angenehm scharf, wunderbar warm und hat eine leichte Zitrusnote. Eine Jahrtausende alte Wurzel wohltuend als Getränk und ein unverzichtbares Gewürz in deiner Küche.

Hol dir den Geschmack Myanmars nach Hause! Wie wäre es mit einer Tasse Ingwer-Zitrone-Tee oder einem scharfen Curry? Mit unserem getrockneten Ingwer verleihst du jedem deiner Gerichte – egal ob süß oder herzhaft – ein ganz besonderes Aroma!

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WEIHNACHTEN HAT EINE HAUPTSTADT – BETHLEHEM

Besuch am multi-religiösen Knotenpunkt

Es gibt kaum einen Ort auf der Welt, an dem Kirchenglocken läuten und nur hundertfünfzig Meter entfernt der Ruf des Muezzins erschallt. In Palästina, im Zentrum Bethlehems, liegt der Manger Platz mit der Geburtskirche und ihr gegenüber die Omar-Moschee. Hier leben Muslime und Christen friedlich zusammen.

Wir haben während der Reise durch Palästina eine Woche lang Bethlehem erkundet. Das traditionsreiche Stadtbild Bethlehems wurde von den verschiedenen Mächten, die dort herrschten, geprägt. Wenn man durch die jahrhundertealten Gassen schlendert, trifft man auf imposante Kirchen, ehrwürdige Klöster und Moscheen. Hier vermischen sich arabische, byzantinische, türkische, römische Stile und bilden ein einzigartiges Fundament für den multi-religiösen Knotenpunkt Bethlehem.

Bedeutungsvolles Bethlehem

2012 nahm die UNESCO die Geburtskirche sowie den uralten Pilgerweg, der von Jerusalem den Berg hinauf nach Bethlehem führt, ins Weltkulturerbe auf. Und auch trotz des umgebenden Nahostkonfliktes pilgern über das ganze Jahr Millionen Menschen an diesen spirituellen Ort.

Kurz vor Weihnachten herrscht in der Geburtskirche eine besonders festliche Stimmung. Erbaut um das Jahr 326 n. Chr. an der vermeintlichen Stelle, wo Jesus Heiligabend geboren wurde, markiert sie den Mittelpunkt christlichen Glaubens zum Weihnachtsfest. Fast jeder hier kennt die Geschichte von Maria und Josef, die zur Volkszählung von Nazareth nach Bethlehem kamen und dort ihren Sohn, die Leitfigur des Christentums, zur Welt brachten. Heute markiert diese Stelle ein  unscheinbares sternförmiges Loch im Boden der Grotte sowie  der Schriftzug “Hic de Virgine Maria Jesus Christus Natur est”.

Sechs Checkpoints, eine acht Meter hohe Mauer und ein Versammlungsverbot hätten den Weg von Josef und Maria jetzt wohl noch etwas beschwerlicher gemacht.

Freundschaft und Gemeinsamkeiten

Die Stadt im palästinensischen Bergland ist eine Pilgerstätte, nicht nur für Christen sondern für Menschen von vielen Religionen: in jüdischen Erzählungen ist sie bekannt als Heimat des legendären Königs David und der Prophet Muhammad soll auf seinem Weg nach Jerusalem hier gebetet haben.Heute leben rund 30.000 Menschen in Bethlehem, das seit 1995 zum Palästinensischen Autonomiegebiet gehört. Nur ein Fünftel davon sind Christen. Laut einer Umfrage des Palestinian Centre for Research and Cultural Dialogue, gaben 90 % der christlichen Bevölkerung Bethlehems an muslimische Freunde zu haben; 73 % glauben, dass die Palästinensische Autonomiebehörde das christliche Erbe in der Stadt mit Respekt behandelt.

Im Islam ist Jesus von Nazareth, Sohn von Maria (Īsā ibn Maryam), ein wichtiger Prophet, weshalb Muslime seine Geburtsstätte ebenso ehren. Vielleicht ist es dieser gemeinsame religiöse Spirit, der die Geburtskirche beinahe eineinhalb Jahrtausende vor Zerstörung beschützt und bewahrt hat.

Genau diese Besinnung auf religiöse Gemeinsamkeiten und geteilte Werte stiftet Frieden. In diesem Sinne wünschen wir euch eine besinnliche Weihnachtszeit, oder wie man in Bethlehem sagt: “Ein glorreiches Geburtsfest, Eid Milad Majid!”

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PALÄSTINAS OLIVENBÄUME – FRIEDENSSYMBOL IM WASSERKONFLIKT

Warum Wege aus der Wasserkrise nicht nur in Olivenhainen, sondern auch auf Freekeh-Feldern beginnen…
Etwa 800 000 Olivenbäume wurden im Konflikt zwischen Israel und Palästina seit 1967 entwurzelt – eine Fläche von 33 Central Parks oder als mehr 15000 Fußballfelder. Das ist nicht nur wirtschaftlich verheerend, sondern auch ein Angriff auf das Selbstverständnis palästinensischer Bauern, für die der Anbau und die Pflege des historisch symbolträchtigen Olivenbaumes identitätsstiftend und aufgrund der Wasserknappheit lebensnotwendig ist.

"Bei jedem Tropfen Wasser muss ich genau überlegen für was ich ihn benutze"

Wassermangel ist ein substantielles Problem in Palästina. Obwohl die in der Westbank vorhandenen Wasserressourcen potentiell für alle Bewohner ausreichen würden, sind die palästinensischen Gemeinden nur unzureichend mit Wasser versorgt. Ihr Brunnenbau wird stark kontrolliert und unterliegt militärischen Sondergenehmigungen. Außerdem ist das staatliche israelische Unternehmen Mekorot zuständig für die Wasserversorgung. Während der israelischen Bevölkerung täglich ca. 300 Liter pro Kopf zur Verfügung gestellt werden, bekommen Palästinenser nur etwa 70 Liter von Mekorot geliefert. Das sind 30 Liter weniger als die WHO für den täglichen Mindestbedarf empfiehlt. Schon von weitem erkennt man die palästinensischen Dörfer in der Westbank an den schwarzen Wasserbehältern auf den Dächern. Darin speichern die Familien einen Teil des Wassers für die Dürreperioden im Sommer. Im Sommer 2017 erreichte die Wasserkrise einen Höhepunkt – in einigen Dörfern rund um Salfit, Jenin und Hebron floss 40 Tage kein Wasser mehr. Enas Taha, eine Anwohnerin des Dorfes Kafr al-Deek, erzählte dem Nachrichtenportal Al-Jazeera: „Jeden Tag checke ich den Wetterbericht. Bei jedem Tropfen Wasser muss ich genau überlegen für was ich ihn benutze. Das Wasser reicht kaum, um zu trinken, kochen und sich zu waschen. Manchmal kann ich wochenlang unser Haus nicht putzen oder die Wäsche waschen. Es ist so heiß, trocken und staubig hier – das ist einfach nur erschöpfend“.

© http://visualizingpalestine.org/

Die mangelhafte Wasserversorgung betrifft natürlich nicht nur die Haushalte, sondern hat auch Folgen für die Landwirtschaft und Biodiversität. Viele traditionelle Obst- und Gemüsesorten werden nicht mehr angebaut, da die Felder nicht ausreichend bewässert werden können. Die Folge ist eine Konzentration auf Pflanzen wie Olivenbäume, die langfristig mit dem Regen auskommen, der in den Wintermonaten fällt. Bis zu 4000 Jahre alt sind einige Bäume in Palästina – sie sind die ältesten der Welt und wurden seit Generationen von Familien gepflegt. Historisch hat der Olivenbaum eine besondere symbolische Bedeutung – mit seiner Robustheit, steht er für Durchhaltevermögen, Resistenz und Frieden. In der biblischen Sintflut-Erzählung überbringt eine von Noah gesendete Taube bei ihrer Rückkehr zur Arche die frohe Botschaft „Land in Sicht“ – dabei hält sie einen Olivenzweig. Auch der Koran verweist auf den gesegneten Ölbaum, der Licht schenkt. Später, Mitte des 20. Jahrhunderts, greift Pablo Picasso dieses Bild wieder auf. Als Leitbild für den Weltfriedenskongress entwirft er die berühmte Zeichnung der weißen Friedenstaube, die ebenfalls den Olivenzweig im Schnabel trägt.

Eine Friedenstaube mit Olivenzweig an einer Mauer in Bethlehem

Olivenbäumen und Freekeh-Felder als Wege aus der Wasserkrise​

Heute machen Oliven 70% der Frucht- und Gemüseproduktion Palästinas aus und generieren damit 14% des wirtschaftlichen Einkommens. Das bedeutet, etwa 80 000 Familien sind von den grünen saftigen Steinfrüchten abhängig. Aber, obwohl Olivenbäume eine wichtige Einnahmequelle sind, hat ihre Kultivierung auch bittere Nebenwirkungen. Die starke Konzentration der Bauern auf Oliven hat ein Überangebot zur Folge, das für einen schleichenden Preisverfall sorgt. So sind auch die Bauern, deren Olivenhaine nicht ohnehin schon im Konflikt zerstört wurden, zunehmend von prekären Produktionsbedingungen betroffen. 

Deshalb hat Conflictfood sich eine Möglichkeit überlegt, mit der wir Palästinas Bauern und die ökologische Diversität nachhaltig fördern können: Indem wir langfristig eine Nachfrage für das traditionsreiche Wunderkorn Freekeh aufbauen ohne dabei das Land auszulaugen. Freekeh bietet deshalb eine nachhaltige landwirtschaftliche Alternative im Wasserkonflikt, weil es eine Art von Weizen ist, der noch unreif und grün geerntet wird und somit im Anbau deutlich weniger Wasser als anderes Getreide benötigt.
Bei uns gibt es das wunderbare Korn mit dem freakigen Namen übrigens zu kaufen! Als ganzes Korn und in Bio-Qualität ist es die perfekte Zutat für deine gesunden Gerichte.

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DAS FRIEDENSHAUS PAIWAND-E-NOOR

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In Bildung investieren

Kinder sind die Zukunft eines jeden Landes. Deshalb gehört die Bildung von ihnen zu den nachhaltigsten Projekten, die eine Gesellschaft leisten kann – wenn sie es sich leisten kann. Conflictfood fördert mit einem Teil der Einnahmen Bildungsprojekte in den Herkunftsländern. Diese suchen wir sorgfältig aus und überzeugen uns persönlich von den Standards. Mit Conflictfood wird dein Kauf zu einem Schritt in Richtung Frieden!

In Afghanistan haben wir ein ganz besonderes Projekt besucht – ein Kinderheim, das zugleich Waisenhaus, Schule und Schutzraum ist und kriegsversehrten Kindern ein Zuhause bietet, sie fördert und zugleich fordert. 103 Mädchen und Jungen haben an einem lichtdurchfluteten Ort am Rand von Kabul ihr Zuhause gefunden. Nicht umsonst trägt das Friedenshaus den Namen „Paiwand-e-Noor“ – auf Deutsch: „Quelle des Lichts“ – es bietet Kindern einen Zufluchtsort jenseits der Schatten des Krieges.

Vom Krieg gezeichnet

Das im Jahr 2005 errichtete Haus beherbergt nicht nur Waisen, sondern auch Kinder, die in ihren Familien nicht ausreichend versorgt oder gefördert werden können. Knapp die Hälfte der Kinder im Alter von 6 bis 18 Jahren hat keine Angehörigen mehr, oder stammt aus weit entfernten Provinzen. Die andere Hälfte der Mädchen und Jungen übernachtet noch bei ihren Familien. Sie werden morgens vom hauseigenen Fahrdienst abgeholt und abends wieder zurück gebracht.

Alle Kinder die hier spielen und lernen, sind schwer vom Krieg gezeichnet. Geboren in einem Land, in dem seit 38 Jahren Krieg herrscht, erlebten sie tagtäglich die dunkle Seite des Konflikts. Viele sind aufgrund von Kriegsverletzungen körperlich behindert und seelisch traumatisiert. Einige sind auf Minen getreten oder wurden durch Granaten versehrt, andere wurden von durch die, von der Sowjetarmee eingesetzten Schmetterlingsbomben verstümmelt – Bomben, die auf eine perfide Weise als Spielzeug oder Kugelschreiber getarnt sind, damit sie Kinder anlocken, die sie beim Spielen auslösen.

Wegen ihrer körperlichen und seelischen Probleme ist vielen Kindern und Jugendlichen eine Integration in die Gesellschaft erschwert. Ziel des Projektes ist, diese Kinder aufzufangen, ihnen ein familiäres Umfeld zu bieten und eine schulische und berufliche Ausbildung zu ermöglichen, damit sie ein selbstbestimmtes Leben führen können.

Bildungswege in eine unabhängige Zukunft

Konkret setzt sich „Paiwand-e-Noor“ dafür ein, dass die Kinder und Jugendlichen am regulären Schulunterricht in staatlichen Schulen teilnehmen und einen national anerkannten Schulabschluss erreichen. Danach können sie sich für eine handwerkliche Ausbildung oder einen höheren Bildungsweg entscheiden. Dabei achten die Betreuer darauf, dass Kinder mit physischen und psychischen Einschränkungen besonders gefördert werden. Sie und ehrenamtliche Nachhilfelehrer der privaten Universität Kabul begleiten ihre Schützlinge beim Lernen über den normalen Schulunterricht hinaus. In „Paiwand-e-Noor“ können sie Tischlern, Schreinern oder Schneidern lernen, handfestes Wissen, das ihnen einen Lebensunterhalt ermöglichen wird.

Träumen statt Traumata

Bei gutem Wetter tummeln sich die Kinder draußen auf dem kleinen Spielplatz oder dem Rasenfußballplatz. Durch eine Kooperation mit einem nationalen Sportclub können sie dessen Räumlichkeiten kostenlos nutzen und ihre Lieblingssportart dort ausüben. Bewegung ist ein emotionales Ventil und eine Möglichkeit der Verarbeitung ihrer traumatischen Vergangenheit. Egal, welche Einschränkungen sie durch den Krieg erleiden mussten – hier sind sie ein Team.

Um den Kindern bei der Bewältigung ihrer psychischen Traumata aktiv zu helfen, bekommt „Paiwand-e-Noor“ regelmäßigen Besuch von der Psychotherapeutin Karin Struck aus Deutschland. Während ihres Aufenthaltes in Kabul wohnt und arbeitet sie zusammen mit den Kindern. Da sie die lokale Sprache Dari spricht, kann sie sehr schnell Kontakt zu den Kindern knüpfen und helfen ihre psychische Verfassung zu stabilisieren und zu verbessern.

Gleichzeitig werden die Kinder von dem Arzt Dr. Gulab Gul betreut. Dr. Gul war selbst ein vom Krieg betroffenes Flüchtlingskind. Daher ist er mit Herz und Seele für die Kinder von „Paiwand-e-Noor“ da.

Gemeinschaft wird groß geschrieben

Die Vermittlung wichtiger Werte wie Verständnis, Freundschaft, Toleranz und geschlechtliche Gleichberechtigung sind Grundpfeiler der Erziehung von „Paiwand-e-Noor“. Familiäre Strukturen und Gemeinschaft bilden die Basis des Zusammenlebens. In den belebten Gemeinschaftsräumen ist immer viel los. Zusammen wird hier gebastelt, gehäkelt und gespielt. Die Schlafsäle sind so eingerichtet, das jedes Kind sein eigenes kleines Reich mit einem Bett und einem Schrank hat – das ist nicht viel, aber trotzdem mehr, als die meisten Familien ihnen zu Hause bieten könnten.

Trotzdem waren bis vor einigen Jahren die Lebensbedingungen im Haus nicht optimal. Das Dach war undicht, die Fenster zugig und der Putz bröckelte von den Wänden. Die eindringende Feuchtigkeit und Kälte begünstigten typische Wintererkrankungen, wie die Grippe. Im Jahr 2015 liefen endlich neue Renovierungsarbeiten an und die Kinder waren aktiv daran beteiligt und es wurde gemeinsam angepackt: Sie durften die neuen Farben aussuchen und bei den Handwerkern hospitieren, um praktisches Fachwissen für ihre Zukunft zu lernen. Jetzt ist das Haus für die stark schwankenden afghanischen Wetterbedingungen im Winter und Sommer gewappnet.

Der Beginn einer Erfolgsgeschichte

Zum Ende des Jahres 2014 haben 14 von den 111 Kindern die Schule erfolgreich abgeschlossen. Drei von ihnen haben ein Studium begonnen und eine arbeitet bereits in einer Gemeinschaftspraxis als Zahnärztin. Die anderen elf Absolventen haben ebenfalls erfolgreich ein Beschäftigungsverhältnis gefunden. Sie alle kommen ab und zu auf einen Besuch vorbei und fühlen sich immer noch ganz wie zu Hause.

Das Projekt „Paiwand-e-Noor“ ist ohne zeitliche Begrenzung angelegt. Abdul Saboor, der Projektleiter, ist verpflichtet in regelmäßigen Abständen Berichte an den Verein für Afghanistan Förderung Bonn zu senden. Damit, und durch regelmäßige Besuche, prüft der Verein die Entwicklung des Hauses. Dank der Förderung der Else Kröner-Fresenius-Stiftung hat sich „Paiwand-e-Noor“ seit 2014 hervorragend entwickelt. Durch drei verschiedene Ausstrahlungen im afghanischen Fernsehen ist das Projekt im Land sehr bekannt und beliebt geworden – bereits 200 Kinder stehen auf der Warteliste.

Allerdings ist der Förderungszeitraum im Frühjahr 2016 abgelaufen und die Zukunft des Hauses unsicher. Die finanzielle Zuwendung aus den Erlösen des Safran-Verkaufes von Conflictfood kommt also genau im richtigen Moment. Conflictfood möchte „Paiwand-e-Noor“ unterstützen, damit den Kindern auch in Zukunft ein stabiles Zuhause geboten werden kann. Neben der Deckung von Personal und Instandhaltungskosten soll auch in eine neue Computerausstattung investiert werden.

Projekte wie „Paiwand-e-Noor“ sind Gold wert, wenn wie im Fall von Afghanistan die finanziellen Mittel oder schlichtweg der soziale Rahmen fehlen, um Kinder angemessen zu fördern.Genau deshalb fördert Conflictfood den Fluss von finanziellen Mitteln nach „Paiwand-e-Noor“, damit die Quelle des Lichts nicht versiegt.

Mit den Kindern und den Betreuern drei Tage verbringen zu können, war eine enorme Bereicherung für uns! Wir durften mit den Kids Fußball spielen, sie beim Handarbeiten begleiten und uns zwei wunderbare Schals stricken lassen. Wir freuen uns auf das nächste Mal mit euch!

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